Am Wochenende wird der Hammett Prize, 2006 vergeben. Dieser soll den besten Krimi ausgezeichnet, der auf dem nordamerikanischen Kontinent 2006 in englischer Sprache veröffentlich wurde.
Für den Preis sind nominiert:
- John Case, Ghost Dancer: A Thriller (Ballantine)
- Dan Fesperman, The Prisoner of Guantanamo (Knopf)
- Jim Nisbet, Dark Companion (Dennis McMillan)
- Bill Pronzini, The Crimes of Jordan Wise: A Novel (Walker)
- Robert Ward, Four Kinds of Rain (St. Martin’s)
Nachdem ich nun auch den letzten Kandidaten gelesen habe (die Besprechung von Four Kinds of Rain folgt am Dienstag), kann ich, unbeeinflusst vom tatsächlichen Ausgang, meine Enschätzung äußern.
Im Gegensatz zum Anthony Award, dessen diesjährige Kandidaten alle dem Mainstream zuzuordnen waren, sind die Kandidaten des Hammetts wesentlich schwerer unter einem Hut zu bringen. Neben zwei klassischen Thriller – The Prisoner of Guantanamo als Spionagethriller und Ghost Dancer als rettet-die-Welt Thriller – finden sich auch drei literarisch ambitionierte Krimis unter den Kandidaten.
Ghost Dancer, mit seiner zusammengegoogelten Atmosphäre und der besinnungslos albernen Idee die das Buch tragen soll, hatte meiner Meinung nach nichts auf der Nominierungsliste zu suchen. So unwissend können die Juoren gar nicht sein, als dass das Buch eine Chance haben könnte. The Prisoner of Guantanamo dagegen ist ein ganz anders Kaliber. Es konfrontiert die USA mit einem unangenehmen Thema, ist klug aufgebaut und erzählt eine spannende Geschichte. So könnte ein möglicher Sieger aussehen, alleine, ich vermisse ein wenig Esprit und Innovation.
Wenn sie sich wirklich ernsthaft trauen würden und bereit wären den allermeisten Krimilesern vor dem Kopf zu stoßen, dann würden die Juoren sich für Dark Companion entscheiden. Das Buch ist ein intellektuelles Vergnügen, wie es nur wenige gibt; deshalb freut es mich auch, dass bei es bei Pulp Master im nächsten Jahr in deutscher Übersetzung ‚rauskommen soll.
The Crimes of Jordan Wise ist ein gutes Buch, klug, weise, unglaublich elegant vorgetragen und durchaus mit Hintersinn: Der perfekte chill out, aber nicht gerade das Material aus dem Preisträger gemacht sind. Da schaut es mit Four Kinds of Rain schon anders aus. Die Geschichte eines Psychotherapeuten der endlich an die große Anerkennung (also: ans Geld) will, damit aber eigentlich nur seine Midlife Crisis zu bewältigen versucht und bei der Verfolgung seines Ziel immer über neue Hindernisse stolpert, so dass die Sache in eine Richtung geht, die er nie beabsichtigte, ist nicht nur klassisches noir Material, sondern auch witzig (wenn auch eher subtil als brüllend komisch), überraschend und als Zustandsbeschreibung der amerikanischen Gesellschaft zu lesen.
Also realistischerweise: Ward oder Fesperman.
bernd
[…] 15th, 2007 by krimileser Wenig überraschend: Gewonnen hat Dan […]
[…] Pressemitteilung der IACW/NA gibt es hier, einige Gedanken zu den Nominierungen gibt es bei Krimileser Bernd und ich werde mir den Roman irgendwann […]