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Archive for Juni 2009

(Deutsch: Kurier des Todes)

faithful-spy-200

Mindestens ein Jahr lang lag das Buch in meinem Regal, und obwohl es einer der besten Spionagekrimis und obwohl es von le-carrescher Qualität sein soll, so richtig gereizt hatte es mich bisher nicht das Buch zu lesen. Nun weiß ich warum.

John Wells hat geschafft, was sonst scheinbar niemand geschafft hat, er ist als verdeckter CIA-Agent bei al-Kaida unter gekommen. Nicht, dass man dort so richtig Vertrauen in ihm gefasst hätte, nein, sein Leben unterliegt ständig neuen Prüfungen. Aber immerhin: Seit circa 7 Jahren ist er dabei und lebte in Tschetschenien, Afghanistan und nun in Pakistan und so plötzlich interessiert man sich für ihn. Er erhält den Auftrag in die USA zurückzukehren und sich bereitzuhalten.

All die Jahre hatte der CIA nichts von ihm gehört. Kein Wunder also, dass man auch dort an seiner Treue zweifelt. Und als dann auch noch kurz nach seiner Rückkehr ein fürchterliches Attentat stattfindet und al-Kaida dafür die Verantwortung übernimmt, scheint seine Mission gescheitert zu sein. Er jedoch ahnt, dieses Attentat ist nur der Anfang von etwas sehr viel Größerem, und so beginnt ein Katz-und-Maus Spiel zwischen dem CIA, ihm und der al-Kaida-Zelle in den USA.

Es ist natürlich eine hochspannende Geschichte, die Berenson da entwickelt, zudem hat der der gelernte Journalist, wie einige Stellen zeigen, offensichtlich gut recherchiert und er kann auch die Motivationslage der Protagonisten (z.B. des US-amerikanischen Foltermeisters) plausibel aufzeigen. Kurz: The Faithful Spy ist ein Buch, das man trotz seines üppigen Umfanges zügig durch hat.

Das Problem ist jedoch, dass Berenson zu viel will. Er weiß so viel und will so viel erzählen, dass er viele Szenen zerdehnt. Da ist es dann kein Wunder, dass plötzlich 174 Seiten vorbei sind und das Buch erst so richtig beginnt – eine Alex Carr fängt bei dieser Seitenzahl üblicherweise an ihre Geschichte so langsam aufzuräumen. Das ist alles nicht ungelehrig und Berenson hat auch die Gabe Informationen so aufzubereiten, dass man sich als Leser gut bedient fühlt. Aber das ändert nichts daran, dass er, salopp formuliert, schwätzt. Dieser Hang findet sich nicht nur in den einzelnen Szenen, sondern auch in der Geschichte selber, da muss dann noch irgendwann ein Mikrobiologe her und gefährliche Organismen züchten. Durchaus gut dargestellt, mit so kleinen Fehlern, dass diese lediglich sehr Versierte entdeckten, die Problematik der Anzucht zum Beispiel ist außergewöhnlich gelungen dargestellt, aber dennoch wirkt dieses Element irgendwie als Fremdkörper in der Geschichte.

Berenson offers a very American story […]“ steht auf dem Umschlag und dem kann man nur zustimmen. Ein guter, reiner US-Amerikaner verteidigt das Land gegen die bösen Terroristen aus dem Osten und zur Not auch noch gegen die Beamtenmentalität in den eigenen Diensten, so einfach ist das.

bernd

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John Douglas Marshall hat einen schönen und einsichtsvollen Beitrag über Alan Furst geschrieben, den man auf The Daily Beast nachlesen kann.

Der Beitrag erläutert die Schreib- und Arbeitsweise Fursts, „People know accuracy when they read it; they can feel it,“ Furst emphasizes. „So when characters in The Spies of Warsaw play tennis, readers can be sure the Poles did play a lot of tennis back then.“ und zeigt auch wie man die Bücher Fursts lesen sollte.

Glaubt man dem Beitrag, scheint Deutschland das einzige Land zu sein, in dem der Autor scheiterte, „There are now more than 1 million copies of his novels in print, with editions around the globe in 17 languages. Every Furst novel since Kingdom of Shadows has been a bestseller including his 10th and latest novel, The Spies of Warsaw,[…]“.

bernd

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Bei -> Arte gibt es die Krimiwelt-Bestenliste des Monats Juli 2009:

1. Fred Vargas – Der verbotene Ort

2. Leif GW Persson- Sühne

3. Don WinslowPacific Private

4. Roger SmithKap der Finsternis

5. P.D. JamesEin makelloser Tod

6. Nick Stone – Der Totenmeister

6. Monika Geier – Die Herzen aller Mädchen

7. Michael Robotham: Dein Wille geschehe

8. Stefan Slupetzky – Lemmings Zorn

9. Garry Disher: Beweiskette

Stop-and-Go auf der Liste, während es letzten Monat sieben neue Titel gab, gibt es diesen Monat lediglich drei (und ein halben)- Die Herzen der Mädchen ist zurück, sehr schön. Robothams Dein Wille geschehe hatte etwas länger gebraucht, kurios finde ich die Platzierung von P.D. James, Andreas Ammer hatte sie gewissermaßen schon vorweg genommen.

Vier der zehn Bücher sind Tb-Ausgaben, drei Bücher sind von deutschsprachigen Autoren, drei Bücher sind von Frauen geschrieben, drei der Titel sind neu.

bernd

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  • Lee Goldbergs, Drehbuchautor und bekannt für seine Bücher der Serie um den skurrilen Detektiv Monk hat zwei Bücher (Kurzgeschichten und ein Thriller) für das Kindle von Amazon aufbereitet. Jüngst berichtete er über die Verkaufsergebnisse. Gemessen daran dass, Goldberg bekannter ist und sich auch bemühte diese Bücher im Netz zu bewerben, nehmen sich die Einnahmen relativ bescheiden aus. „I don’t see this as the future of self-publishing, at least not yet. It would take a lot of promotion to reach a wide enough audience to create enough sales to make this financially lucrative […]“.
  • Olen Steinhauer, dessen Buch The Tourist demnächst auch in deutscher Übersetzung erscheint, wird Gastprofessor an der Universität Leipzig. Die Stelle ist wohl von Picador gesponsort und ist am „American Studies department“ angesiedelt, er gibt dort eine Veranstaltung in Literatur und eine in „creative writing“ .
  • Als „Plot-Point Techno Madness!“ bezeichnet Matt Beynon Rees Stieg Larssons Girl with the Dragon Tattoo (deutsch: Verblendung). Rees stört der „journalistische Ansatz“ des Buches und ihn stört vor allen Dingen „In „Dragon Tattoo,“ the eponymous heroine is the now generic thriller/mystery character: the Internet hacker genius. Whenever Larsson needs to inject some new information or to unravel a tricky plot point, his hacker opens up her laptop and links into http://www.secretgovernmentinformation.com, the well-known (to fiction writers) site where all governments, in particular their intelligence networks, store material they want to be sure is available only to fictional hacker geniuses (and by proxy to thriller writers).“ wobei er anmerkt, dass Larsson natürlich nicht der einzige ist, der das Internet neuerdings dazu verwendet dem Helden jedwede Wissen zu verschaffen.

bernd

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3351032560Fred Vargas Bücher hatten ja schon immer einen leicht unwirklichen Touch. Der verbotene Ort scheint jedoch noch einen Schritt weiter zu gehen. Adamsberg, der Kommissar, der seinen Eingebungen folgt und für die nackten Fakten seinen Stellvertreter Danglard in Anspruch nimmt, muss sich auf die Vampirjagd begeben.

Erst ist es ein eigenartiger Fund in London, wo Adamsberg sich auf einer internationalen Polizeikonferenz langweilt, später wird dann eine vollkommen zerhackstückte Leiche in Paris gefunden und dann scheint der Kommissar selber im Zentrum der Aufmerksamkeit zu stehen. Es ist, wenig überraschend, eine überdrehte Geschichte, es ist, schon ungewöhnlicher, aber auch eine sehr komplexe Geschichte. Adamsberg reist durch Europa und durch die Zeit, Ereignisse aus dem 18. Jahrhundert sind plötzlich wichtig, Fälle und Ereignisse werden miteinander verwoben, dass es eine Pracht ist und Adamsberg erlebt Gruseliges.

„Tut mir leid“ , sagte Adamsberg, und trank sein Bier aus, „ich hatte keine Zeit, mir um all das einen Kopf zu machen. Danglard ist darauf gekommen. Da waren die abgschnittenen Füße, die Hölle von Garches, die Schüsse auf Emile, der Mord in Österreich, der Onkel in Serbien, meine Sicherung, die durchbrannte, die Katze, die ihre kleinen zur Welt brachte, es tut mir wirklich leid. Kein Gedanke an diese Leiter und auch keine Zeit, über all die Leute nachzudenken, die da raufgeklettert sind.“

Wie auch schon in früheren Büchern, scheint die Geschichte jede Vernunft zu übersteigen und jede Ordnung zu sprengen und wie in früheren Büchern auch, holt Vargas dann zum Ende hin alle ihre so phantastischen Geschichten ‚rein und schafft in dem von ihr kreierten Chaos Ordnung. Mag die Wirklich auch noch so magisch daherkommen, so verstehe ich es, sie bleibt rational erklärbare Wirklichkeit – der Rest ist Teil unser Fantasie.

Der verbotene Ort ist ein Buch für Menschen die um des Lesens willen lesen, die üppige, überbordernde, fantasievolle Geschichten wollen. All das gibt es bei Vargas, all das gibt es diesmal sogar noch ein wenig mehr. Dabei und zudem ist es ein lustiges Buch, das auch von den Marotten Adamsbergs, dem Kontrast Adamsberg und dessen Stellvertreter und der Vielzahl skurrilen Figuren lebt, mit denen das Buch ausgestattet ist.

Kurz gesagt: In einer großartigen Serien ist Der verbotene Ort ein würdiges Mitglied.

bernd

Aufbau Verlag, 2009
Original: Un lieu uncertain, 2008
Übersetzt von Waltraud Schwarze

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Bei der New York Times gibt es eine Karte der Stadt New York, die es interaktiv erlaubt, die von der dortigen Polizei in den letzten Jahren registrierten Morde nach unterschiedlichen Kriterien wie Alter, Rasse, Geschlecht usw. von Opfer und Täter auszuwerten. Man kann auch die einzelnen Punkte auf der Karte, die Opfer repräsentieren auswählen und einige Informationen zu ihnen erhalten. Meistens, so scheint es, wird der Täter nicht gefunden.

Adrian McKinty weist in diesem Zusammenhang auf den Umstand hin, dass doch eine auffallende Diskrepanz herrscht zwischen der Scheinwirklichkeit in Krimiserien die in New York spielen, mit zumeist weißen Opfern und der Realität mit fast ausschließlich schwarzen und hispanischen Opfern (zusammen circa 90%)- ähnlich ist die Relation bei den Tätern – irgendwie bekommt man das Gefühlt, da steckt System dahinter.

Im Artikel der New York Times zu den Daten wird noch auf einen anderen Umstand hingewiesen: „Last year, as few as eight women died at the hands of strangers„, auch das ja ein gern gepflegtes Bild.

bernd

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TSoWarsawAlan Fursts Bücher wirken immer etwas unzeitgemäß, wenig ist in ihnen zu spüren von der häufig aufgesetzten Dramatik vieler moderner Thriller. Für eine Weile wurden diese Bücher sogar ins Deutsche übertragen. Damit scheint es aber seit dem vorletzten Buch, The Foreign Correspondent wieder vorbei zu sein. Schade eigentlich, denn durch seine seidige Formulierungen und seinen unaufdringlichen Darstellungen qualifiziert sich der Autor für die Leser gediegener Lektüre – aber nicht nur für die.

Sein ewiges Thema sind die kleinen und stillen Helden, die sich im Angesichts des (drohenden ) Kriegs bewähren. Sein neues Buch, The Spies of Warshaw zeigt einen dieser typischen Helden in einem der typischen Abenteuer Fursts. Die Geschichte spielt im Warschau der späten 30er Jahre des 20. Jahrhunderts, dort gibt es ein wenig Boheme, ein wenig Weltuntergangstimmung, ein wenig „savoir vivre„. Oberstleutnant Jean-François Mercier ist der französische Militärattache dort, regelmäßige Empfänge und die Beaufsichtigung von einigen Spionen prägen seinen Alltag. Er ist nicht unerfolgreich bei den Frauen, stammt aus einer alter Familie, hat im ersten Weltkrieg gedient und diesen zwar nicht unbeschadet aber doch ohne Verlust von Gliedmaßen überstanden. Keiner also, den man einen Held nennen würde, aber jemand, der selbstverständlich zu Ende führt, was er begonnen hat.

Der Dienst langweilt ihn ein wenig. Als erst einer seiner deutschen Spione und dann auch Mercier selber in Bedrängnis kommt, öffnet sich das Tor zu einem größeren Abenteuer. Mehr noch als der Erzfeind, Frankreich scheint Polen gefährdet und es scheint nur noch eine Frage der Zeit bis Deutschland nach seinen Nachbarn greift. Wie würde Frankreich dann reagieren und wenn es zu einer Auseinandersetzung mit Deutschland käme, wie sähe Deutschlands Stratege aus ? Man müsste doch irgendwie einen Spion bei den Deutschen platzieren. Urplötzlich ist The Spies of Warsaw ein spannendes Buch. Weniger weil sich die Handlung hochdramatisch verdichtet, sondern weil es auch so scheinbar nebenbei die Auseinandersetzung zwischen den Konservativen unter Marschall Pétain und den Modernisten unter General de Gaulle um die damalige Militärdoktrin Frankreichs darstellt.

Auch hier ist wieder so eine Geschichte Fursts, die keinen rechten Anfang hat. Wir blenden uns einfach ein ins Leben Merciers und verfolgen dieses, ebenso wie am Schluss zwar eine Episode endet, aber die Geschichte, wir Nachgeborenen wissen das nur zu gut, die geht weiter. The Spies of Warsaw ist ein reiches Buch, das sich prächtig ins Werk Fursts fügt, der seine Geschichte des Vorkriegseuropas dichter und dichter knüpft.

bernd

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Deadly Pleasures und Mystery News gaben die Bücher bekannt, die dieses Jahr für die Barrys nominiert sind. Bestimmt werden die Gewinner nun von den Lesern der beiden Zeitschriften.

Bestes Buch:
Trigger City, von Sean Chercover
The Draining Lake (deutsch:Kältezone), von Arnaldur Indridason
Envy the Night, von Michael Koryta
Red Knife, von William Kent Krueger
The Cruelest Month, von Louise Penny
The Dawn Patrol(deutsch: Pacific private), von Don Winslow

Wenig Überraschendes, alle Titel sind dieses Jahr anderswo auch schon nominiert worden, insbesondere beim Macavity (3 Übereinstimmungen, Trigger City, The Drainig Lake und The Cruelest Month) und beim Anthony (3 Übereinstimmungen, Trigger City, Red Knife und The Cruelest Month), Envy the Night gewann den LA-Book Prize, einzig Dawn Patrol ist bisher nur für den kleineren Dilys Award nominiert worden. The Cruelest Month ist Gewinner des Agatha Awards und düfte eines der erfolgreichsten Bücher der Saison werden.

Best erstes Buch:
The Kind One, von Tom Epperson
Stalking Susan, von Julie Kramer
City of the Sun, von David Levien
Child 44, von Tom Rob Smith
A Carrion Death, von Michael Stanley
Sweeping Up Glass, von Carolyn D. Wall

The Kind One war für den Edgar nominiert, City of the Sun für den Hammett und Child 44 u.A. für den Anthony.

Bestes britisches Buch:
A Simple Act of Violence, von R.J. Ellory
Ritual, von Mo Hayder
The Girl with the Dragon Tattoo, von Stieg Larsson
Shatter, von Michael Robotham
Bleeding Heart Square, von Andrew Taylor
Bruno, Chief of Police, von Martin Walker

Neben typischen Briten wie Larsson und Robotham auch echte wie Ellory, Hayder, Taylor. Martin Walker kenne ich nicht.

Best Paperback Original:
The First Quarry, von Max Allan Collins
Money Shot, von Christa Faust
State of the Onion, von Julie Hyzy
The Black Path (deutsch: Der schwarze Steg), von Åsa Larsson
Severance Package (deutsch: Letzte Order), von Duane Swierczynski
Echoes from the Dead (deutsch: Öland), von Johan Theorin

Money Shot ist eindeutig der Taschbuchgewinner des Jahres, bei allen größeren Preisen wurde das Buch nominiert. The First Quarry und State of the Onion sind auch für den Anthony nominiert. Echoes from the Dead ist auch für den Dagger nominiert und gewann den Preis der Swedish Academy of Crime Writers.

Best Thriller:
Collision, von Jeff Abbott
The Deceived, von Brett Battles
The Survivor, von Tom Cain
Finder, von Colin Harrison
Night of Thunder, von Stephen Hunter
Good People, von Marcus Sakey

Colin Harrison ist für den Hammett nominiert.

Beste Kurzgeschichte:
“The Drought,” by James O. Born
“The Fallen,” by Jan Burke
“A Trace of a Trace,” by Brendan DuBois
“A Killing in Midtown,” by G. Miki Hayden
“Proof of Love,” by Mick Herron
“The Problem of the Secret Patient,” by Edward D. Hoch

Die Gewinner werden zwischen dem 15-18 Oktober bekannt gegeben.

Mit Dank an Rap Sheet.

bernd

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Horst Eckerts Sprengkraft und Tomas Ross‘ Der Tod des Kandidaten sind beides Bücher, die das Thema der islamischen Einwanderer in unsere mehr oder weniger säkularen Staaten christlichen Ursprungs behandeln. Sie ergänzen sich ganz wunderbar, ebenfalls sehr schön passt Robert Ferrignos Assassin-Serie (-> hier und -> hier) dazu. Diese Serie behandelt zwar das Thema des Islamismus ganz anders und führt den Leser ins Jahr 2040 – zu der Zeit sind die USA auseinander gebrochen und einer der Teile wird von einem islamisches Regime beherrscht – aber Ferrigno blickt auch kurz auf die Zeit des Regimewechsels zurück. Ähnlich wie in Sprengkraft werden dabei die Konvertiten als wesentliche Antreiber der Gewalt angesehen.

Die Begeisterung für Sprengkraft wird natürlich nicht von allen geteilt, auf Amazon schreibt zum Beispiel jemand:

Leider ist dieser Roman an den Haaren herbeigezogen und holzschnittartig geraten – insbesondere die Düsseldorfer Kripo mutiert zu Polizei-Gangstern. […]Dessen Polizisten nennen Afrikaner „Pigmentierte“, stürmen unbefugt in Wohnungen, gehören zur Kundschaft von Hehlern, unterschlagen Heroin, ermorden und massaktieren schließlich den eigenen Kollegen. Pfui! Obendrein sind die hochkorrupten Kriminalpolizisten auch noch Sexisten und Machos der übelsten Sorte. Mal im Ernst, Herr Eckert: Was soll das?
Im Zentrum der Erzählung steht die krude Story um einen jungen Marokkaner, der sich nach dem gewaltsamen Tod seines älteren Bruders dem Islam zuwendet. Höchst unplausibel. […] Wie bei Eckert mittlerweile zu erwarten, kriegen auch die Kommunalpolitheinis ihr Fett weg und werden durch den Kakao gezogen. Leider geht dabei jede erzählerische Linie und Logik verloren. Der vorhersehbare Schluss ist ebénfalls ein Ärgernis.

Das erste Buch, das ich von Eckert las, war Die Zwillingsfalle. Die korrupten Polizisten, die dort auftraten, erinnerten mich schon sehr an Polizisten ellroyscher Prägung. Entsprechendes darf einen bei Eckert also nicht verwundern.

Ansonsten ist es mit der Realität und dem Krimi so eine Sache. In Sprengkraft ist es ja nicht die gesamte Polizei Düsseldorfs, sondern es sind einzelne Polizisten, die fehl gehen. Diese Gefahr gibt es ja sicher auch im wahren Leben – -> diese Aktion fällt einem ein, sie kann sogar ganz korrekt abgelaufen sein und dennoch bleibt Misstrauen. Darüber hinaus handelt das Buch vom Gerangel der unterschiedlichen Dienste und die Sorge des Verfassungsschutz, dass die Anonymität seiner Leute auffliegt, etwas das ich meinte, in der Vergangenheit so auch schon in den Medien vermittelt bekommen zu haben.

Was jetzt an dem Attentäter unglaubwürdig sein soll, entzieht sich meiner Kenntnis, einen Anschlag hätte es ja bei uns schon beinahe gegeben und Eckert nimmt auf diesen Versuch auch mehrfach Bezug. Der oben zitierte Leser kommt aus Bayern, deswegen hätte ihm auch auffallen können, dass die Freien Wähler und Gabriele Pauli ein wenig als Vorlagen der „Lokalpolitikheinis“ für den aus Bayern stammenden Eckert dienten.

bernd

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eckert-sprengkraftEs besteht eine ausgeprägte Gemeinsamkeit von Horst Eckerts Buch mit Thomas Ross‘ Der Tod des Kandidaten. Beide Bücher zwingen den Leser sich damit auseinander zu setzen, was passiert, wenn mit den zahlreichen islamischen Einwanderern auch die zeitgenössischen Ansätze zur Lösung von Konflikten aus der islamischen Welt importiert werden. Im Vergleich ist Sprengkraft konventioneller erzählt, seine Darstellung ist jedoch deutlich komplexer und anders als bei Ross, bei dem Muslime kaum selber auftreten, stehen diese bei Eckert mit im Mittelpunkt der Darstellung.

Eine Bombe detoniert, anders als geplant zwar, aber doch die Grundfesten der Republik erschütternd. Der gewaltsame Tod eines Drogendealers marokkanischer Herkunft vor 18 Monaten führt den Leser ins marokkanische Viertel Düsseldorfs, hin zu Gewinnern und Verlierern der Integration, zu säkularen und strengen Muslimen, Männern und Frauen. Die damaligen Quellen sollen Martin Zander und Anna Winkler helfen einen Maulwurf bei der Polizei ausfindig zu machen. Später landen diese beiden Polizisten bei der Sondereinheit, welche versucht das Geschehen um die Bombe aufzuklären.

Diese Polizeiarbeit ist natürlich ein Herzstück des Buches. Das macht Eckert sehr gut, nicht nur die Darstellung der nonchalanten Professionalität mit der die Aufklärung des Umfeldes der Bombenbastler bearbeitet wird, sondern auch die Bandbreite an Menschen, die da als Polizisten ihren Dienst versehen, dabei zeigt der Autor, die schon in seinen früheren Büchern auch immer wieder zu findende, sonst selten gelesene Konsequenz, Rücksichtnahme auf seine Hauptfiguren gibt es bei ihm kaum. Eckert erzählt aber auch sehr schön vom Gerangel zwischen den Diensten, dem Landeskriminalamt, der Generalbundesanwaltschaft und dem Verfassungsschutz, wie da politische Einflussnahmen wirken und die Dienste eifrig bemüht sind, ihre Quellen abzuschotten.

Parallel dazu erzählt das Buch den Aufstieg der Freiheitlichen, einer ehedem rechtslastigen Minipartei, die sich neuerdings ein seriöses Gepräge gibt. Als Frontfrau hat man Carola Ott-Petersen gewonnen, eine Frau, die sich ähnlich medienwirksam zu präsentiere weiß, wie es Gabriele Pauli tut und mit dieser darüber hinaus nicht nur den Wechsel von einer der C-Parteien zu den Freien gemein hat. Mit Moritz Lemke, einem ehemaligen Journalist, der selber politisch eher links steht, bekommt die Partei einen Sprecher, der ihr neues Bild kommunizieren soll.

Gute Unterhaltung ist das. Routiniert erzählt Eckert seine Geschichte, sie enthält die üblichen Versatzstücke, weist zahlreiche Perspektivenwechsel auf und neben den politischen Verwicklungen, haben die Personen auch genug private Sorgen, so dass Sprengkraft ein bunter, fazettenreicher Roman geworden ist. Was die Lektüre dieses Buches aber wirklich zu einem Vergnügen macht, ist die hohe Zahl an politischen Themen, die hier gekonnt miteinander verwoben sind.

Die Darstellung Eckerts bringt es mit sich, dass die ein oder andere Darstellung etwas überzeichnet wirkt, das gilt zum Beispiel für die Schar an Nazidevotionalien sammelnden älteren Herren oder für die Person Lemkes und das Feuer, dass dieser für die Sache der Freien fängt. Aber diese Darstellung führt zu einem bunten Bild unseres politischen Leben und hat Platz für Nebengedanken wie dem, dass die Radikalisierung dieser Immigranten auch eine Folge des Verlustes der Menschenwürde dieser Personen ist.

bernd

Hort Eckert: Sprengkraft

grafit-Verlag, 2009, 413 S. 18,95 €

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