Ist das jetzt weibliches Understatement ? Monika Geiers Heldin Bettina Boll ist Kriminalkommissarin, zuweilen ist sie sogar richtig gut, in Die Herzen aller Mädchen arbeitet sie allerdings als Rädchen im Gefüge einer Sonderkommission (Soko) des BKA. Warum es diese Soko überhaupt gibt, ist erst einmal unklar, aber natürlich wird sie im Verlauf des Buches durch die Geschehnisse sogar eine gewisse Legitimation erhalten.
Da wurde einem reichen Gönner ein altes Manuskript zugespielt. In diesem findet sich ein Hinweis auf ein noch älteres Dokument, welche als literaturhistorische Sensation durchginge. Kein Wunder also, dass Dr. Gregor Krampe, Literaturwissenschaftler von dem reichen Gönner an- und von der Uni weggeworben wird, das Dokument inhaltlich und medial angemessen aufzubereiten.
Gregor ist der Sohn und Herausgeber der Memoiren von Georg Krampe, einem Autor, dessen Spionagethrillers legendär sind. Ein echter Don Juan war das und seit zwei Jahren tot. Nun soll auch ein Buch erscheinen, welches er posthum einem Medium diktiert hat.
Viel Stoff und viele Gelegenheiten zur Verwicklung. Hinzu, geradezu sahnestückverdächtig, kommt Bettina Boll selber. Halbtagskommissarin ist sie, denn sie muss sich um zwei Kinder kümmern, Patchwork pur ist das (mehr Patch als Work, hat man mitunter das Gefühl): zwei Väter und eine andere Mutter als Bettina Boll, deren verstorbene Schwester nämlich. Für Boll ist es ein Drahtseilakt, die Ansprüche der Arbeit und der Kinder unter einem Hut zu bringen.
Getragen wird das Buch durch einen luftig leichten, ständig präsenten, aber nie dominanten Ton, der ein wenig überspielt, dass Monika Geier saubere Plotarbeit leistet und zahlreiche Stränge miteinander verknotet. Dabei nimmt sie auch Dinge und Sachverhalte und spiegelt sie in anderen. Als Leser ist man sich auch lange Zeit nicht im Klaren, wohin die Geschichte führen wird, denn in diesem Gewusel behält eigentlich nur eine, wenn schon nicht den Über- so dann doch wenigstens den Durchblick: Bettina Boll, die so ein wenig wie einer dieser supergescheiten Schüler wirkt, die niemals die Klappe halten können und los plappern, sobald sie etwas verstanden haben. Zum Ende hin geht es dann hoch her. Aber nicht nur das, so löst es nicht nur „Rätsel“ auf, sondern zeigt auch, wie klug die Autorin ihr Buch gebaut hat.
Im Interview bekennt sich Monika Geier durchaus zu Agatha Christie und tatsächlich hat das Buch in einzelnen Passagen, wenn sich die Gesellschaft im Kloster trifft und dort übernachtet, ein wenig von der Atmosphäre christiescher Bücher.
Während man woanders (via) grottig-mottig über den deutschen Krimi lamentiert, etabliert sich bei mir der Ariadne-Verlag als Faden, der aus dem Gewühl an Büchern zu den guten führt. Die Herzen aller Mädchen zumindest spielt mit uns und ein wenig mit Ovid, ist stimmig, gelungen und große Unterhaltung, überzeugt auch literarisch und zeigt konsequent, aber ohne erhobenen Zeigefinger das Leben einer Alleinerziehenden.
bernd
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