
Ich hatte es vorab schon befürchtet: Vermutlich würde John Case’ Ghost Dancer eines dieser überspannten Bücher, dessen Eigenwilligkeiten den guten Willen des Lesers strapazieren … aber dass das Buch so unerträglich werden würde, das habe ich nicht vorhersehen.
Dreh- und Angelpunkt des „globalen“ Thrillers ist Jack Wilson. Zehn Jahre war er im Gefängnis, genauer gesagt in Supermax, dem Hochsicherheitstrakt. Nun ist er wieder draussen, in der Freiheit. Um an Geld zu kommen, tut er sich mit libanesischen Freischärlern zusammen, Gauner eigentlich, die Opiate, Waffen und wer-was-was-sonst-noch schmuggeln. Sein eigentliches Ziel ist jedoch ein anderes: Er will eine neue Superwaffe bauen.
Die Libanesen geraten ins Visier der internationalen Antiterrorbekämpfung und fliegen auf. Die Spur zurück zu Wilson bleibt bei Mike Burke hängen. Auch Burke ist US-Amerikaner, lebt in Dublin und betreibt mit seinem Schwiegervater ein Büro, welches bei Firmengründungen und Kontoeröffnungen in Steueroasen und Schwarzgeldparadiesen hilft. Wilson war sein Kunde, doch Burke kann keine Informationen über ihn liefern, also lässt das FBI kurzer Hand das Büro zusperren (sic !). Um den Namen des Büros rein zu waschen, bleibt Burke nichts anderes übrig, als Wilson zu suchen.
Im weiteren Verlauf des Buches laufen diese beiden Handlungsstränge zusammen. Aber John Case (ein verheiratetes Autorenpaar) will mehr, viel mehr, zu viel eigentlich. Ein Kompendium der Fazetten des modernen Terrors solls sein: Weltkrieg in Afrika, Al kaida, Russland und natürlich der „Terror“ der USA gegen die eigenen Bürger. Alles dabei. Die Protagonisten werden durch eine Vielzahl von Orten getrieben, deren Atmosphäre mehr oder weniger stimmig wirkt oder, so mein -> Verdacht zusammen gegoogelt wurde.
Man findet im Netz immer wieder Aussagen von Lesern die John Case mit Dan Brown vergleichen. Nicht ganz zu unrecht, wie ich finde. Zwar beherrscht John Case sein Handwerk deutlich besser (z.B die Figur des hypochondrischen FBI-Agenten, da ist Ghost Dancer richtig witzig), aber auch hier tauchen sie auf: Die ellenlangen Dialoge in denen jemand versucht, eine schwierige Materie zu erklären.
Eine gefährliche Waffe will Wilson bauen, keine die Menschen tötet, sondern eine die einen Elektronenstrom (Elektromagnetischer Impuls) freisetzt, der alle elektrischen Systeme in den USA zerstören soll, worauf natürlich, weil ohne die USA gar nichts geht, die gesamte zivilisierte Welt zusammen bräche.
Nun gut. Wer mag, soll sich gruseln. Aus Sicht des Lesers ist schlimmer, dass die Autoren hier nicht nur diverse physikalische Theorien verquarken und dass man das Gefühl hat, sie haben die Theorien eigentlich nicht verstanden und versuchen dennoch sie zu erklären. Da liest man zwei Seiten über Resonanz und der Text kommt nicht von der Stelle, das werden unterschiedliche Ebenen des Wissens miteinander verbunden, die inhaltlich nicht zusammen gehören [zum Beispiel die Tasache, dasss eine Opernsängerin ein Glass „zersingt“ und die Tatsache, dass das Glass aus Atome besteht, die wiederum aus elektromagnetischen Wellen aufgebaut sind], da wird schlichtweg … viel Schaum geschlagen.
Wer so etwas überlesen kann, bitte: Ghost Dancer ist ansonsten spannend zu lesen – hat allerdings ein recht undramatisches Ende.
Am Ende, wie für Dan Brown auch typisch wird der Leser dann mit einem umfangreichen Abspann belohnt, in dem die Autoren die Quellen ihres Wissens offenbaren. Als wenn sich damit ein schlechtes Buch retten ließe.
Zur Geschichte mit dem Glas und der Opernsängerin siehe übrigens -> hier (die Sendung selber ist in meinen Augen recht oberflächlich, aber hier habens sie’s gut dargestellt).
bernd
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