Mit The Ancient Rain zeigt Domenic Stansberry (wieder einmal), dass seine Bücher nicht nur interessant und vielschichtig sind, sondern dass sie auch sprachlich und stilistisch überzeugen. Das meiste von dem, was über dessen Chasing the Dragon zu sagen war, trifft auch wieder auf dieses Buch zu. Ruhig und ohne albernen Pathos vorgetragen, vereint es Vergangenes und Gegenwärtiges, bringt die Reaktionen auf den „linken“ Terror der Symbionese Liberation Army aus den 70er Jahren mit denen auf 9/11 zusammen und zeigt wie die Großen und Mächtigen jedweder politischer Couleur die Interessen und Sehnsüchte der Menschen für ihre eigenen Zwecke nutzen.
Nur rein zufällig gerät Dante Mancuso, der stille, wortkarge Privatdetektiv, der einst bei der Polizei tätig war, an den Fall. Bill Owens, ein entfernter Bekannter ruft ihn an und bittet ihn sich um dessen Kinder zu kümmern, die Ehefrau sei auf Geschäftsreise und er werde gerade wegen Mordverdacht verhaftet. Es stellt sich raus, dass Owens einst Mitglied der Symbionese Liberation Army war (die einst real die Zeitungserbin Patty Hearst entführt hatte). Er soll an einem Banküberfall der Gruppe beteiligt gewesen sein, bei dem eine Kundin erschossen wurde. Im Rahmen der Terrorabwehr nach dem Einsturz der Twin Towers hat die Staatsanwaltschaft nun diesen Fall wieder aufgegriffen.
Angetrieben worden war die Staatsanwaltschaft letztlich durch die Tochter der ermordeten Frau. All die Jahre hat diese, nur durch einen Privatdetektiv unterstützt, den Fall im Bewusstsein der Öffentlichkeit gehalten und viel Häme einstecken müssen. Dante wird von Owens und dessen Anwalt gebeten, die Strategie der Staatsanwaltschaft aufzudecken und herauszufinden ob diese neue Indizien präsentieren kann.
Es ist der Kampf des Staatsanwaltes gegen den Terror – die Geschichte spielt Ende 2002, Anfang 2003 – und da er dem Publikum keinen Islamisten vorführen kann, muss eben Owens herhalten. Im Schatten dieser Auseinandersetzung stehen die Tochter und der ihr treu ergebene Privatdetektiv, beide sind nicht in dem Umfang medienpräsentabel, wie es sich der Staatsanwalt vorstellt. Im Schatten steht aber auch Owens. Der führt mittlerweile ein bürgerliches Leben und im Grunde geht es auch gar nicht um ihn, sondern um die Hintermänner, und diese sind es dann auch, die die Verteidigung übernehmen.
Es ist schon sehr pfiffig, wie Stansberry das Thema der Gefährdung bürgerlicher Freiheiten im Namen der Terrorabwehr angeht und diesem neue Gesichtspunkte abgewinnt. Die veschiedenen Ebenen der Geschichte sind sehr zwanglos miteinander verbunden, der Leser kann die Verbindungen beim Lesen entdecken, wird aber nicht mit aller Gewalt drauf gestoßen. Die gleiche Unaufdringlichkeit findet sich bei den Personen des Buches, die alle in kurzen Abschnitten selber einmal zum Fokus der Darstellung werden können. Diese Personen biedern sich nicht an, sie handeln aber alle nachvollziehbar und geben der Geschichte zusätzliche Komplexität. Auch sprachlich ist Ancient Rain ein Vergnügen. Stansberry erzählt nicht nur einfach eine Geschichte, immer wieder stößt man auf liebevoll polierte Sätze und Abschnitte.
bernd
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