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Archive for September 2009

triggercity_MM_plainRay Drudgeon ist Privatdetektiv in Chicago. Er wirkt wie ein Nachfahre Philip Marlowes. Dieses meinte man auch schon im Vorgängerbuch und Erstling des Autors Big City, Bad Blood zu spüren. Ansonsten, so kann man erfreut feststellen, hat Trigger City mit dem Buch, welches im letzten Jahr für viel Furore sorgte, stilistisch gar nicht so viel gemein. Mit der Freundin, die einfach nicht in ständiger Angst um ihn leben will, scheint auch ein wenig der Impetus Rays abhanden gekommen zu sein. Trigger City ist im Vergleich wenig Thriller, Ray verletztlicher und das Buch mehr für Verschwörungstheoretiker geeignet.

Ray wird von einem pensionierten Oberst gebeten, den Tod der Tochter aufzuklären. Eigentlich scheint die Sache klar. Die Tochter hat die Buchhaltung einer größeren Firma geleitet und wird eines Tages von einem Programmierer, den sie angestellt hatte, erschossen. Kurz danach begeht der Täter Selbstmord. Der Ablauf, wie gesagt, ist unstrittig, doch die Motivation des Täters, die Beziehung zwischen ihm und der Tochter wünscht der Vater aufgeklärt.

Schnell stellt Ray fest, dass hinter dem Fall wohl mehr steckt als eine persönliche Beziehung zwischen Opfer und Täter. Die Informationen, die Ihm die Menschen geben, die Opfer und Täter kannten, scheinen alle nicht ganz wahr zu sein. Er merkt, dass er beobachtet wird und dann irgendwann erhält er auch den Hinweis, dass es lukrativer für ihn wäre den Fall fallen zu lassen.

Man könnte sagen, Trigger City ist ein Privatdetektivkrimi mit Elementen des Spionageroman. Was da am Ende ‚raus kommt, speist sich aus der damalige (2008) Paranoia der US-Bürger, die Dienste der USA überschritten gelegentlich Grenzen. Diese Geschichte entwickelt Chercover streng nach den Spielregeln des Noirs, weit weniger demonstrativ als es zum Beispiel eine Sara Paretsky tut. Die Art und Weise, wie Chercover das macht, ist geschickt. Da wird wenig souffliert, sondern eher stillschweigend entwickelt sich die Paranoia im Buch.

Die Figur Rays passt sehr gut dazu. Der braucht eigentlich gar keine Paranoia, sein Leben genügt da vollkommen. Die abhanden gekommene Freundin, die Polizei, die sein Tun mit Missfallen beobachtet und ein Fall, der sich ganz anders entwickelt, da kommen Mitspieler hinzu, von deren Existenz man am liebsten gar nicht wüßte.

Vielleicht kein besonders innovatives Buch, mit einem Privatdetektiv, der innerlich und äußerlich unter Druck steht, aber ein gut gemachtes. Auch wenn eine allgemeine Bedrohung ständiger Gast in Big City, Bad Blood war, ist Trigger City erfreulich anders als der Vorgänger.

bernd

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Bei -> Arte gibt es die Krimiwelt-Bestenliste des Monats Oktober 2009:

1. Wolf Haas: Der Brenner und der liebe Gott

2. James Sallis: Dunkle Schuld

3. Tana French: Totengleich

4. Warren Ellis: Gott schütze Amerika

5. Friedrich Ani: Totsein verjährt nicht

6. Ulrich Ritzel: Beifang

6. David Peace: Tokio im Jahr Null

8. Reggie Nadelson: Kalter Verrat

9. Richard Stark: Das Geld war schmutzig

10. Andrew Brown: Schlaf, Mein Kind

Vorübergehend kehrt Ruhe ein in die Bestenliste. Lediglich zwei neue Titel. Rausgeflogen: Ken Bruen, aber das ist bei Jack Taylor ja Programm. Neu aufgenommen wurde Tokio im Jahr Null, ein ebenso erklärungsbedürftiges wie -würdiges Buch.  Wolf Haas hat es nunmehr auf Platz eins geschafft, vermutlich ist es unterhaltsam, aber schon beim Lesen des letzten Buches war bei mir der Rausch des Neuen, der Haas erste Bücher umgab, verflogen und eine gewisse Gewöhnung (beinahe Langeweile) hatte sich eingestellt.

Fünf der zehn Bücher sind Tb-Ausgaben, drei der Bücher sind von deutschsprachigen Autoren, zwei Bücher sind von Frauen geschrieben, zwei der Titel sind neu.

bernd

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city of the sunJedes Jahr verschwinden circa 800.000 Kinder in den USA. Viele von diesen laufen lediglich für eine kurze Zeit von daheim weg, manche jedoch bleiben für immer verschwunden. Während Jan Burke aus diesen Thema ein vielsträngiges, komplexes Drama macht, legt David Levien mit seinem Erstling einen knackigen, intelligent geschriebenen Thriller vor, bei dem die Eltern und ihre Suche nach einer Antwort eine wesentliche Rolle spielen.

13 Monate nachdem der 12 Jahre alte Jamie verschwunden ist, wenden sich die Eltern an Frank Behr. Der ist ein einsamer Wolf, aus der Polizei verstoßen und kommt dem Detektiv klassischer Prägung einigermaßen nahe. Nicht, dass er sich darum risse einen aussichtslosen Fall zu übernehmen, aber er erweist sich als idealer Detektiv für diesen Fall. Nicht nur, weil er hartnäckig und unbeirrbar einige kalte Spuren auftut, die er dank guter Informanten und seiner ungeheuren physischen Präsens verfolgen kann, sondern auch, weil er Ähnliches schon selber erlebt hat.

Es ist ein Buch, dem man definitiv nicht ansieht, dass es ein Erstling ist. Aber da Levien ein erfolgreicher Drehbuchautor in Hollywood ist, kann man ihn auch kaum als unerfahren bezeichnen. Im Mittelpunkt steht ganz klar Behr und seine Suche, immer weder muss dieser erleben, wie er eine Spur auftut um dann zu beobachten, wie diese wie Schwarzpulver verglimmt, um dann unter der Asche nach neuen Hinweisen suchen zu müssen. Als Person ist Behr natürlich nahe am Klischee des klassischen Privatdetektives, in der Summe seiner Eigenschaften und insbesondere mit der Fähigkeit über sich selbst auch ohne Flasche am Hals reflektieren zu können und dann auch Konsequenzen für sich ableiten zu können, entwickelt er allerdings genügend eigenständige Persönlichkeit.

Behr ist so etwas wie der Retter, den die USA letztes Jahr suchten. Beschädigt, aber unbeirrbar wühlt er sich voran.

Levien beherrscht es die Geschwindigkeit seiner Erzählung zu variieren und immer weder Überraschungen zu setzen. Er ist ein wunderbarer Erzähler, der nicht nur eine spannende Geschichte erzählt, sondern auch eine emotionale, die ohne Technicolorpathos daher kommt. Die Beziehung der Eltern zum Beispiel ist nach der langen Zeit der Verzweiflung auf den Hund gekommen, man hat sich nichts mehr zu sagen, jeder lebt in seiner eigenen Welt. Levien beschreibt dieses nüchtern, nachvollziehbar.

Es ist ein eigentümlich geschmeidiger Stil, in dem Levien schreibt, ohne aufgesetzten Thrillereffekten, aber es ist einer, der den Leser antreibt zu sehen, wohin die Suche Behr führt und wohin die Eltern gelangen.

City of the Sun lotet seine Geschichte tief aus, fesselt den Leser  und ist gelungen vorgetragen.

bernd

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empty ever afterReed Farrel Coleman ist eines der großen US-amerikanischen Autorentalente, Empty ever after macht das nur zu deutlich. Trotz des Gewinns zahlreicher Preise und noch mehr Nominierungen, beim breiten US-Publikum scheint Coleman nur wenig bekannt zu sein. Für dieses Buch hat er sich offensichtlich einen neuen Verlag suchen müssen. Es wirkt wie der Abschluss der Serie um Moe Prager, die, wie die Jack Taylor-Serie von Colemans Freund Ken Bruen als Ganzes zu sehen ist, als ein Werk, in dem die einzelnen Bücher lediglich einzelne Kapitel darstellen.

Der Hinweis FaulknersThe past is never dead. It isn’t even past.“, den Moe in Soul Patch, dem vorausgegangenen Band zitierte, könnte als Motto der gesamten Serie voraus gestellt werden – er passt auch sehr gut zu Empty ever after, dem (bisherigen) Kulminationspunkt.

Eine alte Geschichte verband ihn auf ewig und im Hass mit seinem Schwiegervater. „Do you believe in ghosts ?“ war immer wieder dessen Frage. Mit dem Tod des Schwiegervaters wurde die Büchse geöffnet und all die Geister kommen ‚raus, die Moe in den vorangegangenen Büchern angesammelt hatte und sie verfolgen ihn.

Empty ever after beginnt damit, dass Unbekannte das Grab des Schwiegervaters verwüsten, und Moe frühere Frau einen Geist sieht. Moe ahnt, was da passiert sein könnte und ihn, seine Frau und die Tochter bedroht und er macht sich mit all seiner Kraft auf, die zu finden, die hinter all dem stecken.

Welch maligne Kraft setzt Coleman da frei: Empty ever after ist ein verstörendes, emotionales Buch, das Moe und den Leser bis auf Äußerste fordert. Es bringt die verschiedenen Geschichten der Vorgängerbücher alle noch einmal zusammen. Dabei muss man die Vorgänger nicht kennen, aber es ist schon erstaunlich, wie zwanglos die Geschichten, die Coleman über mehrere Jahre geschrieben hat, hier zusammen kommen.

Wie die Vorgänger ist Empty ever after ein wunderbar geplottetes Buch, voller philosophischer Gedanken, großer Melancholie und zarten Humor. Einst hatte Coleman als Poet begonnen, seiner Schreibe sieht man das immer wieder an, die Wortwahl, die vielschichtige Art und Weise wie z.B. mit dem Begriff „Geist“ umgegangen wird, das ist pures Lesevergnügen.

Mit Ken Bruens Jack Taylor fliegt raus wurde eine der letzten größen Lücken in der deutschen Krimilandschaft geschlossen, nun wird es also auch Zeit, dass sich einer der Verlage Coleman annimmt und dessen Moe Prager Serie in der Geschlossenheit, die diese verdient und benötigt auf den deutschen Markt bringt.

bernd

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blue doorDavid Fulmer ist der Autor mehrerer Bücher, die in der dunklen Vergangenheit der USA angesiedelt sind. Helden seiner Bücher waren bisher „farbige“ Männer, mit denen Fulmer zeigt, unter welchen Bedingungen nicht-Weiße in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in den USA lebten.  The Blue Door ist nicht wirklich anders, auch wenn der Held des Buches, ein weißer Boxer italienischer Abstammung ist.

Eddie Ceros Zeit als Boxer geht zu Ende. Beim letzten Kampf ist wieder einmal der Cut über der Braue geöffnet worden. Zufälligerweise kann er auf dem Heimweg einem Mann helfen, als dieser überfallen wird und zufälligerweise, so stellt sich ‚raus, ist dieser Mann Privatdetektiv. Er bietet Eddie einige kleinere Jobs an, und wider Willen bleibt Eddie bei der Stange und wird so etwas wie ein Schüler des Mannes.

Er stößt auf Valerie, schwarze Sängerin in einem ‚Nachtclub. Sie fasziniert ihn und zieht ihn in ihren Bann. Vor wenigen Jahren war sie Mitglied der Excels, einer Band, die an der ganzen Ostküste erfolgreich war, bis dann eines Tage und plötzlich Johnny der Leader der Band verschwand. Eddie fragt sich, was denn wohl damals vor drei Jahren mit dem Sänger passiert war und ehe er sich versieht, ist er Mitten in den Ermittlungen, die vor ihm auch schon Polizei und erfahrene Privatdetektiv anstellten.

Nun ja, die Rahmenhandlung ist wohl einfach eine Rahmenhandlung. Im Weiteren stolpert Eddie ein wenig durch „seinen Fall“, trifft auf viele Widerstände, zwei Männer werden getötet, und irgendwie bringt er seine Gesprächspartner immer wieder dazu, obwohl sie es eigentlich nicht möchten, mit ihm zu reden, So zeichnet sich mit der Zeit ein Bild ab, alle scheinen sich sicher, dass Johnny getötet wurde und am Ende findet Eddie dann auch die Lösung.

David Fulmer hat als Journalist viele Artikel über Musik geschrieben. Die Musikszene der jeweiligen  Zeit und Region in der die Bücher spielen, ist immer ein wichtiger Bestandteil seiner Bücher. Hier also Philadelphia, bevor der sog. Philly Sound entstand und Soul und Rock noch dominierten. Die Atmosphäre der Nachtsclubs und Kaschemmen, die Vibes der Straße, ihre Sprache und die Einfachheit des Lebens, all das bringt The Blue Door gut rüber. Wobei einem aber auch immer wieder das wörtchesche Diktum anlässlich des ersten Buch des Autors einfällt „It don’t mean a thing, if it ain’t got that swing“, manchmal wirkt doch alles ein wenig angelesen.

Schwachstelle des Buches ist die Pace. Das liest sich wie Wassertreten. Der Autor ist so sehr damit beschäftigt, an seiner (wie gesagt, gelungenen) Atmosphäre zu basteln und an den Reflektionen Eddies teilhaben zu lassen, dass er vergießt auch gelegentlich ‚mal das erzählerische Gaspedal zu bemühen. Kurzum: The Blue Door ist das Buch für Jägers des Atmosphärischen, die mal Straßenluft schnuppern wollen. ohne dass es gleich „richtig“ dirty sein soll.

bernd

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200px-Leading_LadyEigentlich ist Jerry Lang ein ganz normaler Einbrecher, aber er hat daraus eine kleine Kunst entwickelt. Die Leading Lady ist die Frau, die ihm während des Jobs voraus geht. Hübsch und schauspielerisch begabt, ist sie es, welche die Menschen nicht täuscht, sondern ablenkt, so dass diese Jerry hinter ihr gar nicht beachten. Jahrelang war er mit Gloria erfolgreich unterwegs und und auch außerhalb der „Bühne“ ein Paar. In der New Yorker „Szene“ hatten sie sich einen guten Ruf erarbeitet. Dann geht ein Ding schief, irgendwer hat gequatscht, plötzlich sind da bewaffnete Typen, wollen ihn „auf der Flucht“ erschießen und töten tatsächlich sie.

Jerry landet ihm Gefängnis. Dort will ihm wer ans Leder. Mehrfach. Auch nach mehreren Umzüge, in andere Anstalten, muss er sich mit viel Glück und Spürsinn seiner Haut erwehren. Dann ergibt sich die Gelegenheit zur Flucht. Jerry ergreift sie und kommt zurück nach New York um den Verräter zu finden und sich zu rächen.

Leading Lady ist ein ganz außerordentliches Buch, eines zu dem man kaum Besprechungen ergoogeln kann und auf das ich (wieder einmal) nur Dank der Nominierung für den Hammett-Prize aufmerksam wurde. Es ist eine Mischung zwischen Noir und Krimi im Mafiamilieu, mit Elementen des Spionagekrimis, unterlegt mit dem leicht schnoddrigen Ton eines Con-Artist-Krimis. Dabei hat Gould eine Schreibe , die so trocken ist wie bestes Brennholz und immer wieder blitzt ein ironischer Ton auf, der dem Buch eine ungemeine Leichtigkeit vermittelt. Insbesondere jedoch ist es eine ganz rasante Geschichte, mit viel Action, Toten und Lug und Betrug.

Die Hand über Jerry und aufgehalten hat jahrelang ein Mafiosi, mittleres Management. Die alterwürdige Mafia verleiht dem Buch eine gewisse Patina, aber tatsächlich spielt es im Hier und Jetzt. Bushs „Krieg gegen den Terror“ entkommt man eben kaum, auch nicht in New York. Jerry ist Nostalgiker, während er seine alte Leading Lady rächen will, findet er eine neue, und dieser zeigt er so ganz nebenbei die alten Wirkungsstätten krimineller Glorie. Da diese zumeist untergegangen sind, ist es auch ein Buch, welches den Wandel der Stadt und den Wechsel der Volksgruppen im Stadtbild zeigt.

Leading Lady wirkt zeitlos und mischt Moderne und Klassik geschickt. Es ist ein Buch, welches man sich im Kopf als Schwarz-Weiß-Film vorstellt und tatsächlich hat Heywood Gould auch einige Drehbücher bekannterer Filme geschrieben. Aber dieses Buch ist viel zu gut geschrieben, um es nicht lesen zu wollen.

bernd

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Viele Dinge unserer modernen Welt haben sich aus sehr viel einfacheren entwickelt und dabei ihre ursprüngliche Funktion zum Teil verloren. Die Finanzwirtschaft zum Beispiel. Einst ging es darum den Tauschhandel zu vereinfachen, heutzutage haben die an den Märkten gehandelten Produkte und durchgeführten Wetten nur noch wenig mit der ursprünglichen Idee gemein. Für Außenstehende sind diese Sachen nicht mehr ohne Weiteres verständlich. Fälschlicherweise werden sie häufig genauso beurteilt wie ihre einstigen Urahnen.

James Patterson ist ein anderes Beispiel.

Patterson2Während die meisten Menschen noch der Vorstellung anhängen, ein Buch sei das Werk eines einzelnen, genialen Menschen, hat sich Patterson schon lange zu einem Markenprodukt weiter entwickelt.  So schaffte er es in 2006 mit fünf verschiedenen Büchern (und einigen Co-Autoren) den ersten Platz der NYT (New York Times) Bestsellerliste für insgesamt 16 Wochen inne zu haben.

Als nun bekannt wurde, dass Patterson seinen Vertrag mit dem Verlag Little, Brown bis 2012 verlängerte und bis zum Laufzeitende des Vertrags 17 Bücher „schreiben“ will, war, wie Sarah Weinman zeigt, die Verwunderung in der englischsprachigen Presse und den Blogs einigermaßen groß. Dabei entsprechen die 17 Büchern in circa 3 Jahren dem Output von 2006 und Sarah Weinman zeigt auch wie es geht:

3 Bücher der Alex Cross-Serie, geschrieben mit Richard DiLallo
3 Bücher der Michael Bennett-Serie, geschrieben mit Michael Ledwidge
3 Bücher der Women’s Murder Club-Serie, geschrieben mit Maxine Paetro
2 Bücher der Daniel X-Serie, geschrieben mit Michael Ledwidge
2 Bücher einer Jugendbuch Serie namens „Witch & Wizard“, geschrieben mit Gabrielle Charbonnet
Eine unbekannte Zahl an „international thrillers“ geschrieben mit Liza Marklund
zudem 2 Bücher der Maximum Ride-Serie,1 oder 2 Sachbücher und 1 Standalone, oder sogar 2.

patterson4Patterson und der US-Verlag machen auch wenig Gewese um die Co-Autorenschaft. Auf der Bestsellerliste der New York Times werden (wie es sich bei zwei Autoren wohl auch gehört) immer beide Namen genannt und ebenso erscheinen beide Namen auf dem Cover der Bücher – Pattersons natürlich etwas größer. Interessanterweise scheint es keine Regel zu geben, wie die Namen der beiden Autoren verbunden werden, mal ist es ein „with“, mal ein „and“ oder „&“ – auch bei unterschiedlichen Ausgaben des gleichen Buches kann es unterschiedlich sein.

Patterson 1In Deutschland ist es dagegen ganz anders. Logisch eigentlich, schließlich ist es das Land der Romantik. (Und überhaupt, was zählen Autorennamen, schnell wird bei uns aus Duane Swierczynski Duane Louis und aus Paul Levine Polly Levine.) Auf den Umschlägen der Bücher der deutschen Übersetzungen fehlt der Verweis auf den jeweiligen Co- Autoren (soweit ich überprüft habe) komplett – Honeymoon zum Beispiel, selbst die Suche mit dem Namen des Co-Autoren, Howard Roughan auf der Seite von Random House verläuft ohne Erfolg. Erst auf den Innenseiten dann der Hinweis auf den zweiten Autor. Die Krimi-Couch unterläßt sowohl auf der Hauptseite als auch auf den Unterseiten (zum Beispiel-> Honeymoon) jedweden Hinweis auf weitere Autoren. patterson3Die Wikipedia liefert wenigsten zu den meisten Büchern den Hinweis auf den zweiten Autor, aber auch sie ist nicht vollständig. Insbesondere fehlt im allgemeinen Teil zum Autor der relevante Hinweis, dass Patterson eine neue Strategie unter Bestsellerautoren eingeführt hat und mit Co-Autoren arbeitet.

Kein Wunder also, dass die Leser, die auf der Couch die Bücher Pattersons kommentieren (etwas, das die Mitarbeiter der Couch selber schon lange aufgegeben haben), gar nicht wissen, wen sie da lesen (1).

bernd

1) „Vielleicht sind ihm als Mann auch Grenzen gesetzt, wenn es um die Gefühlswelt „seiner“ vier Frauen geht.“ heißt es zum Beispiel zu einem Buch, dass Patterson zusammen mit Maxine Paetro schrieb.

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oelandNils Kant ist so etwas wie der Sündenbock am Alvar. Immmer wenn etwas Eigenartiges in dieser Landschaft auf Öland passiert, gerät Nils Kant früher oder später in Verdacht. Dabei kann jeder, der mag, sich auf dem Friedhof von Marnäs überzeugen: Nils Kant ist tot. Er liegt dort seit 1963 begraben.

Von all dem weiß Julia Davidsson erst einmal nichts. Sie ist auf Öland aufgewachsen und hat dann auch einen Sohn bekommen. 1972 ist Jens, gerade 6 Jahre alt an einem nebligen Tag, während Julia am Festland weilte, ihr Vater Netze flickte und ihre Mutter krank danieder lag, von daheim ausgebüxt und für immer verschwunden. Danach ist Julia ihr Leben entglitten. 20 Jahre später lebt sie am Festland. Von der Umwelt unverstanden, ständig krank geschrieben und mehr Alkohol konsumierend als auf Dauer gut. Eines Tages ruft ihr Vater an, er hätte neue Information zum Verschwinden des Enkels. Nach kurzem Zögern kehrt sie zurück zur Insel.

Geheimnisvoll tut ihr Vater, geheimnisvoll wird er während des ganzen Buches bleiben. Später erfahren wir, dass ihm jemand eine Sandale geschickt hat, die Jens am Tage seines Verschwindens getragen haben muss. Irgendwie versuchen Vater und Tochter sich an der Aufklärung, sie sind sich allerdings auch selber fremd geworden und müssen erst wieder zueinander finden.

Wobei, Aufklärung ist beinahe zu viel gesagt, der Vater ist 81 Jahre alt und hat Rheuma (M. Sjögren), seine körperliche Aktivität ist deshalb deutlich eingeschränkt. Er verfolgt einige wenige Spuren und lässt sich dabei von seiner Tochter oder einem Freund herumkutschieren. Die Tochter kommt nur langsam aus ihrem Tief. Beide haben letztlich nur eine Idee: Nils Kant ist Schuld am Tod von Jens.

Eigentümlicherweise ist Öland ein äußerst spannender Roman. Das Buch erzählt viel von den Leuten auf der Insel, nimmt sich Zeit für die beiden Hauptpersonen und schildert deren Suche und die plötzlichen Eingaben, die der Vater immer wieder hat. In Rückblenden wird zu Nils Kant und Momenten aus dessen Lebens gewechselt. Es ist ja nicht so, dass Vater und Tochter viele Hinweise finden, aber irgendwie, so denkt man, müssen diese beiden Stränge doch zusammen hängen, weigert sich aber an das Naheliegende zu glauben.

Man merkt aber auch die Absicht des Autors, immer wieder sind seine Figuren überzeichnet, zu nah am Klischee und damit zu flach. Der Böse ist zu eindimensional böse, die Depressive zu einseitig depressiv. Und wenn es dem Autor so passt, machen sie ganz erstaunliche Wandlungen durch. Dabei kann Theorin auch kann wunderbare Figuren zeichnen und gelungene, knappe  Dialoge auf’s Papier bringen.

Auch die Auflösung hinterlässt einen etwas zwiespältigen Eindruck. Durchaus pfiffig gemacht ist die Verschränkung der zeitlichen Ebenen und deren Auflösungen, aber wie dann der Vater zum Schluss die Lösung aus dem Hut zaubert, das ist schon ein wenig enttäuschend. Theorin schreibt sehr geschmeidig, es ist ein leicht zu konsumierendes Buch.

Öland ist ein fesselnder, überzeugender Erstling, welcher allerdings den ganz hohen Erwartungen, die im englischsprachigen Bloggerbereich geweckt wurden (-> hier, -> hier, -> hier, -> hier und -> hier), nicht ganz gerecht wird. Durch die Verschränkung der zeitlichen Ebenen ist es ein Buch über den Niedergang der alten Kultur auf Öland und der Ankunft der Moderne und des Tourismus‘ dort. In dieser Hinsicht beeindruckt es.

bernd

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Für die zahlreichen noch offenen Kategorien der diesjährigen Dagger Awards hat die Crime Writers‘ Association (CWA) die Kandidaten bekannt gegeben. Da die CWA in der Zwischenzeit noch einige Sponsoren gewinnen und Kooperationen schließen konnte, haben sich bezüglich der Vergabe und Kategorien im Vergleich zur Ankündigung vom Juni einige Änderungen ergeben. So konnte Specsaver – UKs Fielmann -, Cactus TV – die mit Richard & Judy Book Club erfolgreich sind – und ITV3 – die letztes Jahr noch versuchten, eine „Konkurrenz“-Glamour-Show zum Dagger aufzubauen – gewonnen werden. Die Veranstaltung heißt dann auch zukünftig Specsavers Crime Thriller Awards. Die Gewinner werden am 21.10.09 bekannt geben.

Irgendwie tut’s mir leid für die CWA. Schon wieder ein neuer Sponsor, schon wieder ein Branchenfremder und schon wieder ein neuer Name für’s eigene Kind. Das tut dem eigenen Image gar nicht gut und wirkt so als würde man sich an jeden Sponsor ‚ranschmeißen.

CWA Gold Dagger 2009, für das Beste Buch:
(Sponsor: Books Direct)

When Will There Be Good News? von Kate Atkinson
In the Dark, von Mark Billingham
Hit and Run, von Lawrence Block
A Whispered Name, von William Brodrick
The Coroner, von M.R. Hall
Dark Times in the City, von Gene Kerrigan

CWA John Creasey (New Blood) Dagger 2009, für das erste Buch eines zuvor nicht publizierten Autors:
(Sponsor: Louise Penny und Michel Whitehead)

Sweetsmoke, von David Fuller
Bad Catholics, von James Green
No Way to Say Goodbye, von Rod Madocks
Old City Hall, von Robert Rotenberg
Echoes from the Dead, von Johan Theorin
The Blood Detective, von Dan Waddell

Echoes from the Dead war dieses Jahr schon für den International Dagger nominiert. Es ist ein gutes, sehr populäres Buch. Sweetsmoke, welches für den Edgar nominiert war, ist literarisch sicher ein ganz anderes Kaliber.

The CWA Ian Fleming Steel Dagger 2009, für den besten Thriller des Jahres:
(Sponsor: Ian Fleming Publications Ltd.)

The Brass Verdict, von Michael Connelly
Dark Places, von Gillian Flynn
The Last Child, von John Hart
Calumet City, von Charlie Newton
Moscow Rules, von Daniel Silva
The Tourist, von Olen Steinhauer
The Interrogator, von Andrew Williams

Calumet City war für den Edgar nominiert und sieht sich hier formal einer starken Konkurrenz gegenüber. John Hart hat letztesJahr (mit Down River) den Edgar gewonnen.

Den neuen Kooperationen ist es natürlich auch geschuldet, dass es jetzt Film-Dagger gibt. Vergeben werden dieses Jahr der Film Dagger 2009, für den besten Großleinwandkrimi, der TV Dagger 2009, für den besten Bildschirmkrimi, der International TV Dagger, für den besten weltweiten TV-Krimi, der Best Actress Dagger, der Best Actor Dagger und der ITV3 Bestseller Dagger, mit Dick Francis, Alexander McCall Smith, Nicci French, Harlan Coben und Martina Cole als Kandidaten. Die Kandidaten für die Filmpreise erfährt man in der Ankündigung der CWA nicht, sie können -> hier nachgelesen werden.

bernd

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envy the nightFalsche Erwartungen, Annahmen, die nicht stimmen, Lügen, auf denen Lebensentwürfe aufgebaut sind. Das ist der Stoff, der die Personen in Envy the Night antreibt. Es gibt keinen Zeremonienmeister, niemanden, der sie steuert und doch rennen sie aufeinander zu und ihre Leben werden einen tragischen Moment lang miteinander verwoben.

Vor sieben Jahren verlor Frank Temple III seinen Vater. Ein Verrat war es, der diesen in den Selbstmord trieb. Sieben Jahre lang hat Frank seinen Rachedurst unterdrückt. All die Jahre vagabundierte er durch die Lande, nun bringt die Nachricht von der Rückkehr des vermeintlicher Verräters (der ebenfalls die Gegend verlassen hatte) sein labiles Gleichgewicht durcheinander. Auch er, mittlerweile Mitte 20, kehrt zurück und will mit diesem Teil seiner Geschichte abzuschließen.

Kaum angekommen, stolpert er (im wahrsten Sinne des Worts) über einen Wagen, der dem Widersacher gehören könnte. Tatsächlich ist es der Wagen einer anderen Person. Eigentümlich verdächtig benimmt sich diese und im Weiteren zeigt sich, dass sie von Profikillern gesucht wird. Da ist es aber schon zu spät, Frank ist zum falschen Zeitpunkt am falschen Ort und plötzlich richtet sich die Aufmerksamkeit der Killer auch auf ihn.

Schnell sammeln sich einige Leichen in dem kleinen Ort an und Frank hat eine hübsche Frau zu schützen. Die Killer sind der Polizei der kleinen Gemeinde ebenso deutlich überlegen wie dem hinzugezogenen FBI Agenten, dem nichts besseres einfällt als sich aufgrund der zwielichtigen Geschichte seines Vaters auf Frank zu stürzen.

Envy the Night ist ein klassischer US-Krimi, Frank war von seinem Vater perfekt ausgebildet wurden. Er ist ein Superschütze, kennt die richtigen Moves um Gegner zu entwaffnen, hat keine Angst, ist mithin kaum zu bekämpfen. Hinzu kommt, dass ihm ein ehemaliger Freund seines Vaters, wie dieser einst Elitesoldat in Vietnam, hilft. Der Tod seines Vaters nagt an Frank. Seine Empfindungen sind komplex, den Verrat selber möchte er rächen, seinen Vater vermisst er, aber dessen Schicksal sieht er auch als gerecht an. Auch die Frau, an die er gerät, hat ihre Geschichte. Eigentlich ist sie für etwas Feineres geboren, jetzt leitet sie aber die Autowerkstatt ihres Vaters, denn der liegt nach einem Schlaganfall im Pflegeheim. Und auch der Polizist, der Frank einst über dessen Vater befragte und der Freund, der ihm hilft, haben ihre Last zu schultern. All das erfährt der Leser scheibchenweise, er ahnt nur, dass da irgendwelche Päckchen auf den Rücken der Personen liegen und wird nach und nach aus der Sicht der einzelnen Personen über die Vorgeschichten aufgeklärt.

Dennoch, Envy the Night, das dieses Jahr den LA-Times Book Prize gewann, überzeugt. Michael Koryta übertreibt es nicht mit dem Grübeln der Personen. Die moralischen Fragen und Entscheidungen, denen sich die Personen im Buch stellen müssen, sie geben dem Buch Komplexität (denn sie formen die Personen), ansonsten halte ich sie für ein wenig aufgesetzt. Er erzählt seine Geschichte in einer sehr zurückhaltenden Art, sehr nüchtern, sehr reduziert und führt sie zu einem spannenden Finish. Wenn auch dieses Ende den Erwartungen entspricht, im Verlaufe des Buches gibt es genug Überraschendes um den Leser bei der Stange zu halten.

bernd

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