Mit The Prince of Bagram Prison setzt Alex Carr ihre Darstellung über die Verwicklungen der USA in die Geschichte des nahen und mittleren Ostens fort. Auch wenn eine der Personen des ersten Buches wieder auftaucht, ist es keine Fortsetzung im eigentlichen Sinne, sondern erzählt eine gänzlich andere Geschichte in einer anderen Region mit ansonsten anderen Personen.
Bagram Prison liegt in Afghanistan, noch vor der Beseztzung Iraks war Kat Caldwell dort als Übersetzerin tätig gewesen und lernte während dieser Zeit auch Jamal kennen, der aufgegriffen worden war, als er mit zwei iranischen Terrorrismusverdächtigen umher zog. Fünfzehn Jahre alt war er damals, viel zu jung um inhaftiert zu werden, nicht zu jung allerdings um als Spitzel von den Amerikanern angeworben zu werden. Jahre später sitzt er in Madrid und erzählt seinem Kontaktmann, er hätte einen der Iraner gesehen. Bald danach ist er auf der Flucht. Kat, einen geheimdienstlichen Begleiter an der Seite, wird angesetzt ihn zu finden. Und auch Jamal ehemaliger Kontaktmann empfängt einen Notruf und macht sich auf die Suche.
Amerikanische Dienste sind undurchsichtig und wie zumeist in solchen Büchern laufen mache undurchsichtigen Sachen, nie weiß man so recht, wer was warum macht. Das beherrscht Siler/Carr so gut wie andere auch. Dabei hat sie aber auch ein Auge für die kleinen Details, die einer Geschichte eine hohe Plausibilität verleihen. Auf einem ganz anderen Level im Vergleich zu vielen anderen Autoren des Subgenres bewegt sie sich, wenn es um die Darstellungen der Personen geht. Ein halbes Dutzend wird im Buch aus deren jeweiliger Perspektive begleitet, einige von diesen haben auch noch ein Vorleben, welches ihr hier und jetzt beeinflusst und über das sie in Rückblenden nachdenken – es ist wohl mehr als ein Wink mit den Zaunpfahl, dass einige der Agenten, die hier agieren, auch schon zu Zeiten des Vietnamkrieg aktiv waren.
Das alles fügt sich aber naht- und mühelos zusammen und ergibt eine fesselnde Geschichte nicht nur über die Jagd nach dem Jungen, sondern genauso über die Personen, deren Lebenslinien hier zusammenkommen.
Kat erinnert an Revere Falk aus Dan Fespermann’s The Prisoner of Guantanamo, das immerhin den Hammett 2006 gewann. Auch dort ist es ein Arabischkundiger, der die Gefangenen in einem abgeschiedenen Lager ausfragt, Zweifel an gewissen Methoden hat und wieder spielt ein gefangenes Kind eine Rolle. Im direkten Vergleich wirkt Fespermans Darstellung viel moralisierender, Carr bringt mit ihrer trocken lakonische Darstellung eine üppige Geschichte auf knappe 280 Seiten unter und der Leser muss sich bei ihr mehr im Kopf selber zusammensetzten. Wie die Beschreibung eines Kinderheims in Marokko zeigt, kann Carr aber, wenn sie will, durchaus intensive Darstellungen schreiben.
Sie hat es wieder hin bekommen: Auf ihre unspektakuläre Art und Weise erzählt Alex Carr eine spektakuläre Geschichte. Ihre Fähigkeiten ein halben Dutzend und mehr Perspektiven darzustellen und dennoch eine schlüssige Darstellung zu erzielen und schon ganz große Klasse, aber dennoch, so fürchte ich, wird es Leser geben, die die notwendige Mühe (sich in die unterschiedlichen Personen hinein zu denken) scheuen werden (1).
bernd
(1) Eine Kritik, die man immer wieder lesen kann, Geschichten mit mehreren Erzählperspektiven seien zu schwierig – siehe -> hier zum Beispiel.
[…] The Prince of Bagram Prison von Alex Carr […]
[…] Werten widmen. Blue Heaven (Stumme Zeugen) von C.J. Box, Sins of the Assassin von Robert Ferrigno, The Prince of Bagram Prison von Alex Carr, Enemy Combatant von Ed Gaffney sind hier zu […]
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Komm grad hier vorbei, schöne Idee find ich