OK, die Beiträge über Amstetten kann man zum jetzigen Zeitpunkt einstellen, erbarmungslos beginnt Flachsinn sich breit zumachen. Zeit, wenn man so will für Grundsätzliches, zum Beispiel für die Frage, ob die Welt nur besteht um literarisiert zu werden, wie anderswo „behauptet“ wird. Leider fehlt für eine gründliche Darstellung die Zeit, vielleicht Freitag.
Also Themenwechsel:
Derek Nikitas, von mir jetzt schon hoch geschätzter Autor, hatte sich letzte Woche bei murderati über eines der derzeitigen Lieblingsthemen der Bloggerszene Gedanken gemacht.
What the hell is a literary thriller, anyway?
Der Text zeigt nicht nur, die Entscheidungen die Nikitas als Autor machen meint zu müssen, sondern es ist nebenbei auch noch einer der besten Texte, den ich zum Thema „literarische Krimis“ ich kenne.
Faire Sache eigentlich, so findet er, die Literatur hat das höhere Prestige und das Krimigenre die höhere Auflage. Ansonsten sei die Diskussion irritierend, schließlich verstehe er sich als literarischer Thrillerautor, aber „Even in my own head, there’s always a negotiation between techniques that separate some of the things people talk about when they talk about ‚literary versus genre.‘ I try to marry them together, but sometimes it’s a shotgun wedding. Sometimes somebody gets a couple fingers blown off.„.
Kaum auszumachen sind die Schlachten, die da in seinem Kopf stattfinden. Sprache zum Beispiel, natürlich gibt es Elmore Leonards Vorgaben „[…] workmanlike language, useful because it coveys information clearly and calls no attention to itself.“ aber ihm ist doch mehr nach einem stilisiertem Vorgehen “ […] the human mind is supple enough to imagine a fantasy world and admire language, both at the same time. Stylized language is perhaps the most direct reason why I take so long to write.„.
Oder die Darstellung der Emotionen der Protagonisten. Natürlich kann man das Blut des Lesers mit überzeichneten Darstellungen zum Kochen bringen, aber die Nuancen eines Charakters herauszuarbeiten sei sehr einsichtsvoll: „It is very much like looking at an ordinary object through a microscope and discovering a fascinating world of microbes you did not know was there.“ [Ja, das verstehe ich !]. Ein wenig hat das natürlich auch damit zu tun, dass man mit seinen Qualitäten angeben möchte.
Aufgrund der Genrekonvention wird der Täter häufig erst am Ende des Buches demaskiert, flachbrüstige küchenpsychologische Erläuterungen über dessen Charakter sind häufig die Folge: „These summarized pathology reports rarely give the character more dimension. Instead, they tend to flatten the character and his motivations into a brief newspaper clip, much like obituaries do.“ Bücher wie Michael Connellys The Poet, Dennis Lehanes Mystic River oder Psycho litten darunter, dass der Leser, wenn er den wahren Charakter der Täter vor der Auflösung gekannt hätte, diesen eben auch frühzeitig als Täter identifiziert hätte.
Ein anders Thema ist die Auflösung als solche. Viele Leser sehnen sich nach einem schlüssigen Ende, in dem alle Stränge zusammengeführt werden (Tana French hat einige Kritik einstecken müssen, weil sie diese „Regel“ nicht befolgte), Nikitas bevorzugt offene Enden, sie lassen Raum für andere Weltsichten.
Wer solche Blogeinträge schreibt, schreibt auch gute Bücher. Ein Mann mit großen Zukunftsperspektiven.
bernd
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