Nun sind die beiden älteren Schwestern, die unter dem Pseudonym P.J. Parrish auftreten, auch der Mode gefolgt, den Sidekick, die Nebenfigur in der Hauptrolle zu präsentieren. Bei A Thousand Bones ist es die Kriminalpolizistin Joe Frye, mit der Louis Kincaid im vorletzten Band seiner Serie einen Fall löste und anschließend anbandelte. Anders als bei Robert Crais, dessen Versuche zu diesem Thema -> hier jüngst dargestellt wurden, zeigen die beiden Schwestern, dass sie anders als gewohnt können.
Frye, die erfahrene, gereifte Polizistin, auch sie war ‚mal jung und ein unerfahrener Rockie. A Thousand Bones zeigt uns diese junge Frau in einem rasanten Fall in der harten Winterlandschaft Michigans. Nahe Echo Bay einer kleinen Ortschaft werden einige wenige Knochen gefunden und die kleine Polizeitruppe der Gemeinde muss, obwohl sie es personell eigentlich gar nicht leisten kann, sich darauf einzulassen, sich mit diesen Knochen zu beschäftigen.
Meistens hat man ja als Leser eine Vorstellung in welcher Richtung das Buch marschieren wird. A Thousand Bones wirkt am Anfang wie ein Rätsel; mit wenigen Spuren und obwohl sie eigentlich gar nicht dem Fall direkt zugeordnet ist, der akribischen Arbeit Fryes, die tatsächlich so etwas wie eine Fährte findet.
Dann, irgendwann, wenn der Leser sich eingerichtet hat, denn inzwischen gibt es weitere Spuren und weitere Knochen von weiteren Opfern, junge Frauen allesamt und ein Verdächtiger ist vorhanden, da ändert sich der Ton des Buches und es wird aus der Perspektive des Täters berichtet. Und während der Leser noch über diese Volte rätselt, überschlagen sich die Ereignisse und das Buch nimmt eine derart rasante Fahrt auf, dass ich am Ende meine, dass es die soweit spannenste Lektüre des Jahres war.
Wieder ein Seriekillerthriller, so denkt man anfänglich, nichts was man noch wirklich braucht, alles scheint doch gesagt und doch schaffen es die beiden Autorinnen eine interessante Geschichte daraus zu machen. Ohne den Täter unnötig zu psychologisieren und mit interessanter Symbolik.
A Thousand Bones zeigt was für unterschätzte Autorinnen die beiden immer noch sind. Sie machen hier vieles richtig, variieren gekonnt den Rhythmus, wechseln die Erzählweise, ziehen den Leser in einen furiosen Lesestrudel und zeichnen mit der Vorgeschichte Fryes auch ein gelungenes Bild von ihr. Angesichts dessen, dass es in der Darstellung doch deutlich von den Büchern der Serie um Kincaid abweicht, auch ein Schritt noch vorne. Sicher ein Buch, das sich auch gut in Deutschland verkaufte.
bernd
Hallo Bernd,
das klingt nach neuem Lesefutter.
Eine deutsche Übersetzung ist sicher wünschenswert,
wenn sie denn auch lesenswert ist.
Habe gerade Reed Farrel Coleman gelesen (ohne die Hinweise hier im Blog wäre der völlig an mir vorbei
gegangen, danke dafür!).
Zunächst Spur ins Gestern (Walking the perfect Square)
auf deutsch, dann The James Deans im Original, und es
scheint fast, als seinen zwei unterschiedliche Autoren
am Werk gewesen. Eine Knaur-Übersetzerin, die der
Sprache Colemans nicht gewachsen ist, verhunzte den
erstgenannten Krimi geradezu.
Das ist mir zum wiederholten Mal eine Lehre, dann greif
ich doch lieber zum Original.
Schöne Grüße
Jürgen
Hallo Jürgen,
„The James Deans“ ist natürlich auch ein Meilenstein.
Im Allgemeinen sollte P.J. Parrish leichter zu übersetzen sein und leichter im Original für den wenig Geübten verständlich sein als Coleman.
Und … von Coleman kommt nächstes Jahr ein Gemeinschaftswerk mit Bruen, da bin ich bespannt drauf.
Beste Grüße
bernd
Hallo Bernd,
A Thousand Bones,
das war wirklich 1A-Lesestoff,
ein Krimi ganz nach meinem Herzen.
Erstklassiges amerikanisches Krimihandwerk,
ein hochspannender Schocker
(der nebenbei fast etwas wie Kruegerfeeling
aufkommen ließ),
dafür verzichte ich dann gerne auf den Mehrwert.
Ein anderer Krimi aus Michigan (der im kommenden
Jahr womöglich auf den Listen zum besten Erstling
zu finden sein könnte):
Bryan Gruley – Starvation Lake
Okay, Reporter-Krimis sind eigentlich nicht so meine
Favoriten und Gruley (der Bürochef des Wall Street
Journal in Chicago) hat sicher den Krimi auch nicht
neu erfunden, aber es ist ihm ein elegant geschriebener
und fesselnd erzählter Roman aus der Rubrik
small town mystery gelungen.
So wie SJ Rozan in ihrem brillanten
Winter and Night den Football aufs Korn genommen
hatte, steht hier eine andere amerikanische Lieblings-
sportart, Eishockey, im Fokus, und wie kaum anders
zu erwarten, auch die Fallstricke im amerikanischen
Journalismus.
Ein starkes Debüt.
Schöne Grüsse
Jürgen
A Thousand Bones
jetzt als Knaur Taschenbuch
http://www.droemer-knaur.de/buecher/Das+Gebeinhaus.252335.html
Lieber Jürgen,
das freut mich für P.J. Parrish ganz außerordentlich und es scheint mir auch ein guter Ausgangspunkt zu sein um die beiden Schwestern auf den deutschen Markt einzuführen.