Ludger Menke aus Hamburg, ruft in der domfreien Zeit auf zum 2. Krimi-Blog-Karneval und nach Beiträgen zum Thema Humor und Krimi.
Am heutigen Rosenmontag also mein Beitrag zum Thema.
Lassen wir mal die Frage offen was Humor ist, und nehmen an, dass wir alle Humor erkennen, wenn wir ihm begegnen. Dennoch bleibt die Frage, warum es funktionieren sollte, Krimi, also Mord und Totschlag und Humor, Witz, Unterhaltung, gar Spaß miteinander zu verbinden.
Nun, Davis Peace z.B. meint, das geht nicht, entsprechend lesen sich auch seine Bücher (z.B 1977), düster, brutal und blutig – beinahe so wie man’s für einen Deutschen erwarten könnte. Peace kann es sich auch erlauben, seine privaten Psychosen derart konsequent aufzuarbeiten, er hat die stilistische Qualität. Dennoch, die Rezensionen seiner Bücher im deutschsprachigen Raum zeigen eine gewisse Ratlosigkeit auch von routinierten Lesern.
Eigentlich auch wenig verwunderlich, man ist schließlich auch lieber mit Menschen zusammen, die wenigstens ab und zu ‚mal lächeln.
Wie also lassen sich Krimis und Humor verbinden ?
Es ist ja relativ trivial, dass Bücher – und also auch Krimis – aus unterschiedlichen „Bestandteilen“ wie Spannung, Verbrechen, Rätsel, Psychologie, Humor, sprachliche Originalität, Komplexität, Realitätsbezug, philosophische Qualität usw. zusammengesetzt sind.
Ein Krimi überzeugt durch seine Mischung und wie bei einem guten Riesling, bei dem hohe Säure Süße kompensieren kann, so kann auch bei einem Krimi Humor „bittere“ Darstellungen harmonisieren. James Ellroy, das „Vorbild“ Davis Peace‘ beherrscht das ausgezeichnet. Wenn man bei seiner Schwarzen Dahlie ‚mal darauf achtet, entdeckt man einige witzige Passagen. Ken Bruen schickt seinen Jack Taylor durch alle Tiefen, die das Leben zu bieten hat und dennoch gibt es nicht allzu viele Autoren, die mehr Humor als Bruen haben. Dieser Humor ist bei Bruen natürlich nicht komödiantisch und kabarettistisch sondern überzeichnend, ironisch, Realität so brechend, dass Eigentümlichkeiten uns bewusst werden.
An Bruen lassen sich auch sehr schön die Effekte von unterschiedlichen Mischungsverhältnissen der Bestandteile aufzeigen. Denn neben der dunkel düsteren Serie um Jack Taylor gibt es noch die um Detective Sergeant Brant, deren Humor ganz ähnlich ist und doch betonter wirkt, denn Bruen ist zwar zu den Nebenfiguren der Serie ähnlich schonungslos wie zu Jack Taylor, aber Brant selber steuert wie ein Tanker auf hoher See immer stur heil geradeaus. Noch eine Stufe weiter oben auf der Humorleiter sind die Bücher die Bruen zusammen mit Jason Starr schreibt. Bust (deutsch: Flop) ist ein wilder Tumult, bei dem den Protagonisten die unglaublichsten Sachen widerfahren und ihnen ständig neue Hindernisse in den Weg gelegt werden, wenn sie meinen ihr Ziel erreicht zu haben. Bust ist als Komödie angelegt, wie bei einem Wein bei dem die Süße nicht durch die nötige Säure getragen wird, wirkt die Geschichte auf Dauer etwas pappig, das Schicksal der Menschen in dieser überdrehten Geschichte rührt uns nur bedingt.
Bücher dieser Machart sind sehr beliebt und können gute Unterhaltung darstellen. In meinen Augen fehlt es ihnen aber an Substanz um Größe zu erreichen. Andere Beispiele sind Victor Gischlers Suicide Squeeze, Charlie Hustons Six Bad Things (deutsch: Der Gejagte), J.D. Rhoades The Devil’s Right Hand oder Paul Levines Salomon vs. Lord. Einige der Autoren nehmen in ihren Büchern auch gesellschaftspolitische Themen auf, doch im Grunde gehen diese genauso unter wie die Krimigrundstruktur.
Wenn die Gewichtung im Buch sich weiter in Richtung Humor verschiebt, dann geht das Krimimoment verloren. Das ist dann wie beim Wein, wenn der Alkohol fehlt ist’s Fruchtsaft oder meinetwegen ein weinähnliches Getränk aber sicher kein Wein mehr. Der österreichische Autor Wolf Haas ist hierzu ein wunderbares Beispiel, seinen Büchern um den Kommissar Brenner geht jeder genregerechter Umgang mit Fakten, Aufklärung, Offenheit gegenüber den Leser ab (ich sage nur Petting 69), würde man sie unter Genregesichtspunkten bewerten, müsste man sie gnadenlos aburteilen. Tatsächlich sind es aber Parodien (oder vielleicht auch Pastiches) und als solche höchst vergnügliche Lektüre.
Mein persönlicher Favorit wenn es um humorbetonte Krimis geht, ist Christopher Brookmyre. Der schottische Autor hat seit 1996 11 Bücher veröffentlicht. Er schreibt polemische Bücher, in denen Torys (britische Konservative), Würdenträger und Blairista (Anhänger Tony Blairs) pausenlos verspottet werden. Das können andere Autoren natürlich auch, was Brookmyre aber auszeichnet, ist, dass er sehr schnell gelernt hat, richtig gut zu plotten und spannende Thrillermotive in seine Geschichten einzupflegen. Ein sehr schönes Beispiel ist z.B. A Big Boy Did It And Ran Away in dem die 9/11 Geschichte komplett antizipiert worden war und das so komisch ist, dass man als Leser schon beinahe ein schlechtes Gewissen bekommt.
bernd
[…] Krimis, Humor und ein Glas Wein – Bernd in “Internationale Krimis” […]
Kennst du Shane Maloney, der australische Krimiautor? Wenn du Christopher Brookmyres Romane magst, konntest du Maloneys auch mögen.
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Detectives Beyond Borders
„Because Murder Is More Fun Away From Home“
http://www.detectivesbeyondborders.blogspot.com/
Lieber Peter,
nein, Shane Maloney kenne ich nicht. Wie ich überhaupt zugeben muss, dass ich Australien und seine Autoren kaum kenne.
Aber Shane Maloney ist auf meiner to-do Liste …
Danke für den Tipp und beste Grüße
Bernd