Auch Schweden scheint nicht mehr das soziale Paradies zu sein, für das es von Vielen gehalten wird; zumindest gibt es in Kjell Erikssons Nachtschwalbe viele Menschen, die Immigranten wedweder Herkunft als Schwarze und Neger bezeichnen. Kein Wunder, dass die derart zurückgewiesenen auch mal ausrasten.
Am Anfang des Buches steht die gründlich demolierte Innenstadt Uppsalas. Über 100 Schaufensterscheiben sind zerschlagen, mitten drin, in einem Buchgeschäft die Leiche eines jungen Mannes, offensichtlich zusammengeschlagen mit einem Stuhl. Später kommt dann noch eine pakistanische Familie beim Brand des Zentrum für Asylanten zu Tode. Man hat also alle Hände voll zu tun bei der Kriminalpolizei Uppsalas und dem Team von Ann Lindell, die gerade aus dem Mutterschutz kommt.
Eriksson will aber mehr als nur einen Krimi schreiben, der die Verwicklungen der Menschen miteinander über ein Verbrechen darstellt. Er nähert sich den Menschen und zwar auch den Menschen, die unmittelbar mit dem Handlungsablauf nichts zu tun haben. Lindell zum Beispiel hatte einen Freund, bis sie fremd ging und dabei auch noch schwanger wurde. Diesem Mann folgen wir auf eine abseits gelegene Insel auf der er lebt und sehen wie er das tut und ab und an an Ann denkt. Oder, oder, oder.
Interessant dabei ist, dass dieses ganze Menschliche, dass nun wenig mit der Krimihandlung zu tun hat, die Geschichte gar nicht so breit werden lässt, denn der Leser kann ja während des Lesen nicht wissen, welche Elemente später wieder aufgegriffen werden.
Nachtschwalbe ist ein Buch, dass den Lesern gefallen wird, die Krimis lesen wollen, bei denen es menschelt. Dabei ist der Aufbau und die Auflösung des Falles gar nicht schlecht und sogar relativ komplex, wenn’s auch nicht so richtig spannend wird. Teilweise sind da drei oder mehr Ermittler (auch private) unterwegs, die versuchen, das Ende des Falles zu fassen, das sie sehen. Es ist eine Darstellung, die mehr in die Breite geht. Keine Ermittler, die wie die Bluthunde an immer neuer Stelle Stelle die Fährten aufnehmen, sondern schlichtweg unterschiedliche Leute, die an unterschiedlichen Stellen graben.
bernd
Klingt nicht sehr vielversprechend.
und „die versuchen, das Ende des Falles zu fassen, das sie sehen“ kann ich mir nicht richtig vorstellen.
Die Schweden sind auch nicht mehr das, was sie waren.
Beste Grüße
Henny
Hm, habe mir das Buch kürzlich als Rezensionsexemplar bestellt, noch ist es nicht da. Ich weiß nicht, ob ich das schlecht finden soll.
Denn „dieses ganze Menschliche“ geht mir derzeit auf den Zeiger. Mehr kann ich dem gar nicht hinzufügen.
Mit Grüßen aus Osnabrück,
Kristine
Liebe Henny,
vielleicht habe ich mich nicht verständlich ausgedrückt. Kriminalfälle sind ja anfänglich wie Eisberge, das meiste ist verborgen. Und dann gibt es einige vereinzelte Spitzen, die aus dem Wasser heraus schauen, so dass keiner weiß, dass diese im Grunde zusammengehören.
Ja bernd, das mit den Eisbergen klingt viel schöner.
Du merkst, irgendwie haben wir Frauen das Menschelnde satt.
Her mit den harten Krimis.
Henny
Harte Krimis ? Hard Man von Allan Guthrie, James Ellroy (alles ab Black Dahlia) oder Derek Raymond. Hier machen sich die Frauen noch etwas rar (je nachdem was man unter hart versteht), vielleicht Cathi Unsworth.
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