Bei der Suche nach Informationen die zum Beitrag vom Freitag zum Thema Detektive und Orte passen, fand ich einen Internetauftritt der definitiv eine eigene Würdigung verdient: G.J. Demko’s Landscapes of Crime
Der Internetauftritts des Collegeprofessors hat einiges zu bieten.
So zum Beipiel Landkarten zur Häufigkeitsverteilung von Krimis auf Orte bezogen. Basierend auf Allen J. Hubins Crime Fiction: A Comprehensive Bibliography sind die großen Orte/Länder der Welt danach dargestellt, in wie vielen Krimis sie Spielorte sind. Berücksichtigt wurde der Zeitraum von 1749 bis 1994 und nur Bücher, die ins Englische übertragen wurden.
Von G.J. Demko.
Dieser hält diverse Karten bereit, die entsprechende Informationen für die Städte und Länder der einzelnen Kontinente bereitstellen.
Nimmt man die verschieden Karten zusammen, ergibt sich, dass Los Angeles und New York, mit 1000 – 4000 „Settings“ die beiden populärsten Orte sind, dann folgt London mit 600 – 1000 und Paris mit 500 – 600. Berücksichtigt man, dass mancher Roman der in Paris spielt, nicht ins Englische übertragen wurde, dürfte Paris zu London aufschließen.
Aber Demko Auftritt hat nicht nur einige Landkarten um’s Thema Krimi und „Location“, sondern auch zahlreiche Texte hierzu. Die Darstellung des Ortes wäre für das Krimigenre ein spezifisches Kennzeichen, schreibt er – eine durchaus ungewöhnliche Behauptung.
The physical setting, type of legal system, types of people involved, the accessibility of the place of the crime, and many other characteristics are critical to the story and important in order to understand what is transpiring.
Das habe aber nichts mit dem Konzept des Regiokrimis zu tun, sondern mit der Wechselwirkung von Ort und Handlung („The concept of regional writing is somewhat silly inasmuch as all fiction is regional„). Dabei kann man die landschaftliche Umgebung und die kulturelle Umgebung unterscheiden, wobei in einem Buch natürlich auch mehrere Umgebungen vorkommen können („Many of the Sherlock Holmes stories change contexts from posh, upper class manors and characters to terrible opium dens of inner London.„). Gemeinsam können diese unterschiedlichen Darstellungen in einem komplexen Gesamtbild resultieren:
A masterful author can also imbue the location with deeper meaning – a sense of place. This sense of place is something greater than the combination of locational descriptors; it is an ambiance conjured up by nuanced writing that captures the aura, the abstract and real components of a place in a special way that allows the reader to feel, smell, and even touch the setting […]
Da die Autoren und die Krimis die sie schreiben ein Teil der realen Situation vor Ort sind, gibt es eine Wechselwirkung zwischen Settings und Art der Romane, wie er am Beispiel von Krimis feststellt, die ökologische Gegebenheiten aufgreifen:
Environmentally oriented mysteries are often associated with more rural, topographically rugged areas such as Alaska, the Southwest and Northwest. Places such as Florida, New Orleans and California, where environments are being despoiled by development, are also noted for such themes – works by Carl Hiaasen in Florida, Marcia Muller in California and M.T. Kingsley in Louisiana are good examples.
In den USA seien gerade die Bücher bekannter Autoren mit dem Ort oder der Region verbunden wie Raymond Chandler für Los Angeles, Mickey Spillane für New York, Robert Parker für Boston, James Lee Burke für Louisiana, und Nevada Barr für die U.S. Nationalparks zeigten.
Die sogenannten “regionalen” Autoren sein häufig besonders populär und erfolgreich, hier nennt er Tony Hillerman im Navahogebiet, Sue Grafton deren Heldin die kalifornische Westküste bearbeitet und Sara Paretsky deren V.I. Warshawski Chicago in und auswendig kennt.
Ein Beitrag beschäftigt sich mit Krimis als Reisebücher. Wenn sie auch die besten Restaurants und Museen nicht benennen, könnten sie Orte charakterisieren, gute Beispiele seien Donna Leon (sic !) und Venedig (ebenso Magdalen Nabb), Barbara Nadel und Instanbul, Georges Simenon und Paris sowie Batya Gur und Robert Rosenberg und Israel.
In den USA selber seien Tony Hillerman und Navaho Country (-> Literaturempfehlung), Nevada Barr und die Nationalparks, Laura Lippman und Baltimore, S.J. Rozan und New York, Julie Smith und New Orleans sowie Linda Barnes und Boston entsprechende Beispiele.
Und für eine Zeitreise nach Rom sei zum Beispiel Lindsey Davis eine idealer Begleiterin.
Darüber hinaus liefert er reichhaltige Informationen zu Bücher die tatsächlich Landkarten enthalten, liefert einen Buchtipp für ein Buch welche britischen Krimilokalitäten beschreibt und beschäftigt sich mit Krimis die in eisigen Regionen spielen, zum Beispiel Martin Cruz Smiths, Polar Star, das wesentlich interessanter sei als Gorky Park (Demko ist wohl russischstämmig) und nicht nur Jonathan Gibbs stimmt ihm zur Verwunderung Tobias Gohlis zu, sondern auch die Krimicouchleser, oder Kerstin Ekmans Blackwater (deutsch: Geschehnisse am Wasser) und natürlich Peter Hoegs Smilla’s Sense of Snow (deutsch: Fräulein Smillas Gespür für Schnee).
Man mag ja manches davon ein wenig heimelig finden und für Literaturwissenschaftler unterhalb der Akzeptanzschwelle sein, aber wenn man sich die Texte genauer anschaut, sieht man auch dass Demko sehr kundig ist, zahlreiche gute Tipps hat und einen ungewöhnliche aber interessanten Zugang zu Krimi hat – sagt ja keiner, dass es sein einziger ist. Seine Liste neuerer europäischer Autoren zumindest zeigt, dass er am Puls der Zeit und vielen seiner Landleute weit voraus ist.
bernd
[…] TickerGeographic Profilers als Honigsauger: Rossmo und Demko. […]
[…] von Land und Leute vermitteln, korrespondiert ja durchaus mit der Vorstellung von Laien und den im Netz verbreiteten Vorstellungen. Aber das ist ein zweischneidiges Schwert. Da verlegt Arnaldur Indridason die Wurzeln eines Mordes […]