(Der erste Teil des Beitrags ist -> hier zu finden.)
Die Wissenschaft des Gehirns hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht und zahlreiche Phänomene werden besser verstanden. Anders als von Philip Kerr in A Philosophical Investigation (deutsch: Das Wittgenstein Programm) beschrieben, wird heutzutage weniger der statische Aufbau des Gehirns, als vielmehr sein dynamischen Verhalten bei Aufgaben untersucht. Durch den Vergleich der aktivierten Bereiche von Gesunden und Kranken, Begabten und weniger Begabten, Männer und Frauen usw. bei bestimmten gedanklichen Tätigkeiten, kann man nicht nur etwas über die Bedeutung einzelner Hirnbereiche für die entsprechende Tätigkeit sagen, sondern auch wo eine Reaktion des Gehirns von der Norm abweicht.
Ein wichtiges Werkzeug hierzu ist die funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI). Mit diesem Verfahren können die Bereiche des Gehirns sichtbar gemacht werden, die bei einer Aufgabe aktiv sind. Vereinfacht gesagt, handelt es sich dabei um Aufnahmen des Gehirns mittels Kernspintomografen, bei denen zusätzlich die Areale des Gehirns, die vermehrt durchblutet werden, erfasst sind. Denn immer dann wenn bei einem Denkvorgang ein einzelner Bereich mehr arbeitet, braucht er auch mehr Energie und Sauerstoff, also auch mehr Blut.
Aufnahme aus -> Life Science Zurich. In dem Artikel ist auch ein kurzer Film, der die Durchführung der Untersuchung zeigt.
Interessant sind auffällige Funktionsweisen des Gehirns um generell seine Funktionsweise zu verstehen oder um Zustände wie Dyskalkulie oder Legasthenie besser analysieren zu können. Aber auch dort wo Gesagtes und Gedachtes von einander (bewusst oder unbewusst) abweichen, leistet eine entsprechende Untersuchung wertvolle Dienste.
So ist es auch kein Wunder, dass ein Lügendetektor der auf diesem Untersuchungsprinzip basiert, entwickelt wird. Da man bekanntlich jeden außer sich selber belügen kann, soll ein derartiges Gerät die Lüge direkt am Ort ihrer Entstehung nachweisen. Das tun klassische Lügendetektoren nicht, denn sie messen nur die körperliche Reaktion auf Stress (der mit der Lüge einhergeht) und können deshalb von guten Schauspielern (deren körperliche Reaktion die Lüge nicht verrät) und schlechten Schauspielern (die genauso nervös wie ein Lügner reagieren) ausgetrickst werden. Dass es allerdings so schnell geht, wie von den Firmen erhofft, kann ich mir nicht ganz vorstellen. Es scheint noch kaum Daten zur Signalbildung bei (echt) Kriminellen zu geben.
Ein anderes Beispiel der Ergebnisse, die diesen Verfahren liefert, ist die Reaktion des Gehirns auf Geruchsstoffe. Gerüche können uns auch unterhalb der Schwelle der bewussten Wahrnehmung beeinflussen. Sie sind zum Beispiel als sog. Pheromone (soll es auch zu kaufen geben) auch Träger sexueller Informationen. Und so konnte eine Arbeitsgruppe des Karolinska Instituts zeigen, dass bei homosexuellen Männern und heterosexuellen Frauen im Vergleich zu heterosexuellen Männern bei Kontakt mit geschlechtsspezifischen Duftstoffen des Mannes Areale des Gehirns angesprochen werden, die mit sexueller Aufmerksam in Zusammenhang stehen.
[Wenn ein genauerer Blick in die Literatur auch zeigt, dass das Ganze ein wenig komplizierter ist, reichen solche Ergebnisse doch, um festzustellen, dass die in den USA von christlichen Eiferern abgehaltenen „Coming-in“ Veranstaltungen, bei denen homosexuelle Christen auf den a- oder heterosexuellen Pfad der Tugend gebracht werden, ziemlicher Käse sind.]
Neuere Studien zeigen nun, dass auch im Bereich der Untersuchung von Kriminalität Erkenntnisse mit dieser Methode gewonnen werden können. Es scheint nicht gänzlich unplausibel, dass man in wenigen Jahren Menschen mit einer weniger stark ausgebildeten Kontrolle von unerlaubten Handlungen, schon bevor sie auffällig werden, identifizieren kann.
Nächten Montag: Ethik und Moderne Diagnostik.
„Es scheint nicht gänzlich unplausibel, dass man in wenigen Jahren Menschen mit einer weniger stark ausgebildeten Kontrolle von unerlaubten Handlungen, schon bevor sie auffällig werden, identifizieren kann.“
Dazu gibt es einen schon etwas betagten Kommentar: http://www.online-literature.com/thackeray/1327/
Beste Grüße!
[…] November 12, 2007 von krimileser (Fortsetzung -> dieses Beitrags) […]
[…] Probanten und sieht wie sie auf unterschiedliche Marketingkonzepte reagieren. Die Technik (siehe -> hier) ist die gleiche mit der neuerdings in Fachkreisen die Frage des -> freien Willen (und -> […]